Kraftwerk stoppt Schau zu eigenen Ehren

Zum 40. Geburtstag des Albums „Mensch-Maschine“ sollte es eine Ausstellung im Wirtschaftsministerium geben. Die Band aber untersagte das Abspielen des Albums.

Kraftwerk stoppt Schau zu eigenen Ehren
Foto: SL/Fotomontage: WZ

Rüdiger Esch ist normalerweise ein lebensbejahender und sehr kommunikativer Mensch. Diesmal aber fasste er sich kurz und verkündete eine bittere Nachricht: „Ausstellung kann nicht stattfinden, da untersagt wurde, die Schallplatte abzuspielen“, schreibt der Musiker und Autor („Electri_city“) auf seiner Facebook-Seite. Und: „Kein Witz.“

Damit nimmt eine Geschichte ein trauriges Ende, die mit so vielen glücklichen Umständen begonnen hatte. Esch hatte schon seit langem das Datum 19. Mai 1978 in einem Dokument auf seinem Computer gespeichert. Der Tag, an dem Kraftwerk das Album „Mensch-Maschine“ veröffentlichte. Zum 40. Geburtstag des Werkes müsste man doch eigentlich was machen, dachte Esch all die Jahre. Dann rückte das Datum plötzlich sehr schnell näher und Esch versuchte sein Glück. Gemeinsam mit Gabi Luigs entwickelte er die Idee, eine Ausstellung mit dem Albumcover und Originalgrafiken von Karl Klefisch sowie Fotos von Kai Schäfer zu gestalten, die Musik von Musikern verschiedener Genres interpretieren zu lassen, Weggefährten von Kraftwerk als Referenten zu gewinnen, etwa Musik-Kenner Pertti Grönholm von der Universität im finnischen Turku oder Design-Experte Jonathan Barnbrook aus London.

Die Idee hatte offensichtlich Qualität, denn sowohl das Kulturamt der Stadt als auch das Wirtschaftsministerium des Landes stiegen sofort mit ein. Die einen gaben einen Zuschuss, die anderen stellten die 21. Etage ihres Sitzes am Rheinufer zur Verfügung. Beim Wirtschaftsministerium ging die Begeisterung sogar so weit, dass zusätzliche Räume und das Foyer als weitere Flächen hinzukamen. „Die Resonanz war schon irrational gut“, sagt Esch, der auch schon Zusage von Gästen aus den USA für das Wochenende 19. und 20. Mai hatte.

Die Probleme begannen, als Esch der guten Form halber die künstlerischen Vertreter über das Vorhaben informierte. Eine Genehmigung erschien nicht erforderlich, schließlich stellte er Cover eines veröffentlichten Albums aus und wollte natürlich die Gema-Gebühren für das Abspielen der Musik abführen. Da die Ausstellung und das Rahmenprogramm für die Besucher keinen Eintritt kosten sollten, hatte das Ganze auch keinen kommerziellen Charakter.

Um so überraschender fiel die Mail der künstlerischen Vertreter aus. Das Abspielen des Albums falle unter das Urheberrechtsgesetz. Die Band habe der Veranstaltung nicht zugestimmt und wolle einer Aufführung des Werkes auch nicht zustimmen. Kraftwerk wolle nicht, dass ein Album aus dem gesamten Werk herausgehoben werde. „Es ist schwierig, jemanden zu ehren, der nicht geehrt werden will“, sagt Esch. Für ihn sei „Mensch-Maschine“ das beste Album der Band, deshalb wollte er es und die Musiker mit der Ausstellung ehren. „Das wirkt mir alles etwas verbiestert. Aber gut, dann kümmere ich mich eben um andere Bands.“

Die Entscheidung zur Absage traf der Organisator letztlich schnell: „Wenn das meine eigene Veranstaltung wäre, würde ich das Risiko eingehen und schauen, was passiert, wenn wir das Album abspielen. Aber ich will das Ministerium und das Kulturamt, die uns so gut unterstützt haben, nicht in Schwierigkeiten bringen.“

Die genannten Behörden äußerten sich ähnlich. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums erklärte, man habe sich zum Ziel gesetzt, das Mannesmann-Hochhaus bei unterschiedlichen Projekten, wie etwa zum „Tag des Denkmals“ oder in der „Langen Nacht der Museen“ für die Bevölkerung zu öffnen. Für 2018 sei die Beteiligung an der Kraftwerk-Ausstellung eine dahingehende Überlegung gewesen. Die Absage und ihre Begründung habe man nun zur Kenntnis nehmen müssen.

Der Verweis auf das Gebäude beinhaltet noch einen weiteren Grund des Bedauerns der Absage: Das Hochhaus hat der Architekt Paul Schneider-Esleben geschaffen. Er ist der Vater von Kraftwerk-Gründungsmitglied Florian Schneider.

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