Düsseldorf Kompliziertes Rätsel um Tod eines 104-Jährigen

Zwei Altenpflegerinnen können mit einem milden Urteil rechnen.

Die Altenpflegerinnen Constanze B. und Marisa C. am Dienstag beim Prozessauftakt mit ihren Rechtsanwälten im Gerichtssaal.

Die Altenpflegerinnen Constanze B. und Marisa C. am Dienstag beim Prozessauftakt mit ihren Rechtsanwälten im Gerichtssaal.

Foto: si

Düsseldorf. Bei dem Prozess, der am Dienstag vor dem Landgericht begann, geht es nicht nur darum, ob die beiden Angeklagten schuldig sind. Auch ethische und juristisch hoch komplizierte Fragen muss die Kammer um den Vorsitzenden Richter Rainer Drees beantworten. Fest steht nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, dass die beiden Altenpflegerinnen Constanze B. (51) und Marisa C. (35) dem alten Mann eine viel zu hohe Dosis Morphium verabreicht und keinen Notarzt gerufen haben. Aber wäre der Patient selbst dann gestorben, wenn umgehend Hilfe gekommen wäre? Und spielt es bei der Bewertung der Tat eine Rolle, dass der Mann schon 104 Jahre alt war und selbst angekündigt hat, dass er sich mit Gift das Leben nehmen wolle? Schon zu Beginn des Prozesses zeichnete sich am Dienstag ab, dass die beiden Frauen möglicherweise mit einer relativ milden Strafe rechnen können.

Unstrittig ist, dass der Senior keinem geplanten Verbrechen in dem Oberbilker Seniorenwohnpark zum Opfer gefallen ist. Als dem 104-Jährigen ein Schmerz-Medikament verabreicht werden sollte, gab es offenbar ein Missverständnis zwischen den Pflegerinnen. Eine Frau soll dem Patienten dann das hundertfache der verschriebenen Menge Morphium verabreicht haben. Kurz danach setzte die Atmung des Mannes aus. Als Constanze B. den ärztlichen Notruf anwählen wollte, soll die Mitangeklagte sie davon angehalten haben. „Nein, das machen wir nicht“, habe Marisa C. angeblich gesagt. Der 104-Jährige starb kurz danach. In dem Altenwohnheim wurde einen Tag später festgestellt, dass eine große Menge des Morphium-Medikamentes fehlte. Die 51-Jährige hatte ihrem Arbeitgeber und der Polizei die Tat gestanden.

Darum hatte die Staatsanwaltschaft zunächst Anklage wegen Mordes durch Unterlassen gegen die beiden Frauen erhoben. „Später kam aber noch das Ergebnis eines medizinischen Gutachtens. Danach wäre der Mann vermutlich auch gestorben, wenn sofort der Notarzt gerufen worden wäre“, erklärte Staatsanwalt Matthias Ridder. Damit sei das Fehlverhalten der Altenpflegerinnen nach ihrem Missgeschick wahrscheinlich nicht mehr die Ursache für den Tod des Patienten. Ridder wertet das Geschehen darum nur noch als versuchten Mord zur Verdeckung einer Straftat.

Die Kammer um Rainer Drees ging sogar noch weiter. Sie eröffnete das Verfahren gegen die beiden Frauen zunächst nur wegen versuchtem Totschlag. Damit dürfen Constanze B. und Marisa C. mit einer relativ milden Strafe rechnen: Bei Mord hätte lebenslange Haft gedroht. Bei versuchtem Totschlag liegt der Strafrahmen zwischen sechs Monaten und acht Jahren Haft. Am Dienstag wurde zunächst nur die Anklage verlesen.

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