Kitas: Windelwechsel im Kindergarten

Was sagen die Erzieherinnen zur Debatte um den Ausbau von Krippen für unter Dreijährige? Die WZ besuchte eine „Pampers-Gruppe“ in Stockum.

Düsseldorf. "Gebärmaschinen", "Rabeneltern": Nicht zuletzt mit derlei platten Schlagworten wird seit Wochen eine aufgeregte Debatte geführt. Sollen die Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren massiv ausgebaut werden? So will es die Bundesregierung, so ist es in vielen Ländern längst Usus. Zu Wort melden sich vor allem Politiker, Geistliche und Promis quer durch die Republik. Was aber sagen die, die es neben den Eltern am besten wissen müssen, die Erzieherinnen und Pflegerinnen in den Kitas?

Ortstermin im gerade eröffneten Kindergarten an der Stockumer Weißdornstraße. Rund 30 Kinder werden hier derzeit betreut, in der "Pampers-Gruppe" sind sieben Kinder im Alter von fünf Monaten bis drei Jahren. "Unsere Warteliste ist sehr lang, ich habe sicher 80 Anfragen von Eltern mit Kindern unter drei", sagt Kita-Leiterin Astrid Riecke. Den meisten muss sie absagen.

Was machen Penelope (5 Monate), Nic oder Lasse (beide 6 Monate) in der Kita? Und was wird mit ihnen gemacht? Vor allem schlafen sie viel, in einem eigenen Schlafzimmer mit Bettchen. "Ansonsten ist der pflegerische Anteil der Betreuung bei ihnen sehr hoch", sagt Erzieherin Drifa Bouidir. Das hört sich etwas gestelzt-formal an, meint aber nichts anderes als körperliche Zuwendung: "Das reicht von zärtlichen Streicheleinheiten über Massagen bis hin zu kleinen Turn- und Bewegungsübungen."

Drifa Bouidir, Erzieherin

Aber natürlich spielt und spricht sie auch mit den Kleinkindern, auch wenn das eine scheinbar sehr einseitige Kommunikation ist, da die Kinder noch nicht sprechen können. "Die Kleinen machen sich verständlich, sie kommunizieren oft intensiv", sagt Bouidir. Jedes Kind sei anders, manche meldeten sich unmissverständlich für jedes Bedürfnis, bei anderen müsse man selbst mehr hinschauen und -hören.

Die Kinder, die zur Weißdornstraße kommen, müssen abgestillt sein. Alle drei bis vier Stunden werden sie gefüttert, die Größeren essen gemeinsam zu Mittag, was in der geräumigen Küche frisch gekocht wird. Windeln, Cremes oder Ersatzkleidung liefern die Eltern, in der Kita hat jedes Kind ein Fach.

Wie stehen die Erzieherinnen zur aktuellen Debatte? "Ich selbst hätte mein Kind nicht so früh weggeben wollen", sagt Drifa Bouidir, fügt aber eilig hinzu: "Das heißt nicht, dass ich gegen den Ausbau dieses Angebots bin - im Gegenteil." Doch es sei einfach schön, wenn man als Mutter Premieren wie die erste Drehung vom Rücken auf den Bauch daheim miterlebe. Als Erzieherin erzählt sie Eltern nun öfters von diesen "ersten Malen".

Für Astrid Riecke, Mutter von fünf Kindern (zwischen 13 und 27 Jahren), war die Krippe "nie ein Thema": "Meine Kinder sind erst ab 3 in die Kita gegangen. Ich hatte aber auch Glück, in meinem Beruf konnte ich sie oft mitnehmen zur Arbeit." Weil das die meisten Eltern nicht können, sei es eine Selbstverständlichkeit, dass das Krippenangebot ausgebaut werde. Die Kinder lernten viel in der Kita, angefangen bei der Erkenntnis, dass sie kein kleiner König und keine kleine Prinzessin sind, die permanent und ausschließlich im Mittelpunkt stehen.

"Wichtig ist, dass es eine Wahlmöglichkeit gibt", findet ihre Kollegin Kerstin Berft. Und: "Natürlich ist der Kindergarten für das ein oder andere Kleinkind besser, wenn Eltern aus welchen Gründen auch immer überfordert mit der Erziehung sind." Bouidir: "Ich würde aber auch nie eine Mutter verurteilen, die ihr Kind früh betreuen lässt, weil sie sich ihre Berufschancen nicht verbauen will."

Versorgung Die Stadt Düsseldorf hat die Bedarfsdeckungsquote bei Kindern unter drei Jahren zügig ausgebaut. Ende 2006 gab es rund 1750 Betreuungsplätze in Kitas (12,5 Prozent). Derzeit liegt die Versorgungsquote bei 13,3, Ende des Jahres sollen es 15 Prozent sein.

Kosten Die monatlichen Beiträge für Kinder unter drei Jahren in Kitas sind nach dem Jahreseinkommen der Eltern gestaffelt. Beispiele: Bis 12 271 Euro Einkommen: kostenlos; bis 24 542 Euro: 65 Euro; bis 49 084 Euro: 230 Euro; bis 73 626 Euro: 370 Euro.

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