Kindergarten will keine Jungs

Kritik an Auswahlkriterien der Kitas: Einjähriger wurde abgelehnt, weil er kein Mädchen ist.

Düsseldorf. Jörk Cardeneo und seine Frau Elke arbeiten beide. Sie halb-, er ganztags. Ihr dreijähriger Sohn Sandro wird in der städtischen Kita an der Weißdornstraße in Stockum betreut, ab diesem Jahr sollte auch Sandros einjähriges Brüderchen Pascal dort versorgt werden.

Das Ehepaar Cardeneo reichte die Anmeldung fristgerecht ein und fiel aus allen Wolken, als es im März den Ablehnungsbescheid in seinem Briefkasten fanden. "Wir sind fest davon ausgegangen, dass Geschwisterkinder auf jeden Fall einen Platz bekommen", sagt Jörg Cardeneo.

Doch der Vater musste lernen, dass es offenbar wichtigere Kriterien gibt als die Blutsverwandtschaft. Zum Beispiel das Geschlecht. "Uns wurde als Begründung für die Ablehnung gesagt, dass es in der Kita zu wenig Mädchen gebe und man deshalb keine Jungen mehr annehmen könne."

Jörk Cardeneo befürchtet nun, dass solche Ausschlusskriterien "allgemeine Praxis sein könnten". Zumal er bei der Suche nach einer Alternative für Pascal auch andere Einschränkungen anhören musste. "Die einen wollten lieber katholische Kinder, die anderen Jungen und Mädchen aus der Nachbarschaft", sagt Cardeneo.

Drei Monate lang haben er und seine Frau eine Platz für ihren kleinen Sohn gesucht und 24 Kindertagesstätten abgeklappert. In einer Einrichtung des Sozialdienstes Katholischer Frauen und Männer an der Metzer Straße wurden sie schließlich fündig. Dort werden nun beiden Jungen betreut.

Angela Hebeler (Die Grünen) kann sich über eine solche Vorgehensweise nur wundern und ging der Sache prompt nach. Im Jugendhilfeausschuss gestern wollte sie in einer Anfrage von der Verwaltung wissen, ob die Absage an Familie Cardeneo nicht gegen Kinderbildungs- und Gleichbehandlungsgesetz verstoße.

Die Antwort des Jugendamtes: Ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter müsse erhalten bleiben, aber hier handle es sich um einen Einzelfall. Diese Antwort reicht Hebeler nicht: "Wir werden uns an die Landtagsfraktion wenden. Das kann doch keine Ermessensfrage sein. Wenn irgendwann zu viele Türken oder Marokkaner in einer Gruppe sind, können die womöglich auch abgewiesen werden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort