Gerresheimer Jugendarrestanstalt Junge Straftäter malen sich hinter Gittern

In der Gerresheimer Jugendarrestanstalt befragen die Inhaftierten ihr Selbstporträt und geben die Antworten als Bilder.

Gerresheimer Jugendarrestanstalt: Junge Straftäter malen sich hinter Gittern
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Willi wirkt schüchtern, nennt aber dann doch all seine Missetaten: „Ich habe Raubüberfälle und Körperverletzungen gemacht. Ich habe mich geschlagen, habe Drogen genommen und getrunken. Meine Mutter hat mich hierher gebracht, weil sie mich nicht mehr in den Griff bekam.“ Hierher: Das ist die Jugendarrestanstalt an der Heyestraße. Das Haus unter der neuen Leiterin Gabriele Kuhn öffnet sich erstmals für die Allgemeinheit. Die Arrestanten zeigen ihre Selbstporträts.

Die Regeln im Haus sind streng, strenger als in manchem Erwachsenen-Gefängnis. Uwe Piel, der mit den Jungs malt, zählt auf: „Die sind allein in der Zelle, ohne Handy, TV, Internet und Radio. Sie dürfen nicht rauchen, nicht trinken, nicht kiffen, weil sie bereits im minderjährigen Alter Straftaten verübt haben. Es ist wie eine Isolationshaft. Aber es gibt soziale Angebote, Fußball, Aids-Aufklärung, Küchendienst, Hausarbeit, und auch Malen.“

Das Thema beim Malen war klar, die Ergebnisse hängen für neun Wochen an den Wänden. Es geht um das Selbstbildnis.

Den Workshop bieten Künstler auf Honorarbasis an. Minka Hauschild etwa ist Meisterschülerin von Jan Dibbets und außerdem Yoga-Lehrerin, Uwe Piel hat sich von Joseph Beuys inspirieren lassen. In Einzelgesprächen wird dreimal in der Woche vormittags und nachmittags das Selbstbildnis befragt. „Die Jugendlichen müssen wissen, wo sie sind und wohin sie wollen“, sagt Piel. Manche malen sich aus Scheu von hinten, pausen lediglich ihre Konturen ab und pinseln ein paar Blümchen dazu.

Aber es gibt auch Jugendliche, die sich bessern wollen. Eli gehört dazu. Er sei öfters beim Schwarzfahren erwischt worden, habe die Sozialstunden nicht immer abgeleistet. Nun sitzt er für eine Woche und erklärt: „Es ist langweilig, es geschieht nichts, es kommt niemand zu Besuch. Ich werde zukünftig die Tickets bezahlen.“

Willi hat einen schwereren Stand. Er muss sich von Grund auf ändern. Er klammert sich an den Vollzugsbeamten Dominique Bozek. „Das ist mein nettester Wärter“, sagt er. Er malt sich hinter Gittern, in Augenhöhe mit dem Beamten. Er zeigt ihn, wie er ihm etwas gibt. „Die Jungs sind sehr liebebedürftig“, sagt Minka Hauschild.

Manche Hobbykünstler haben die Situation zumindest im Bild voll im Griff. Ein junger Mann malt sich mit einer guten und einer bösen Körperhälfte. Der böse Arm ist schwarz-weiß, der gute hat die deutschen Nationalfarben. Auf der guten Seite befindet sich auch ein rotes Herz. Und im Hintergrund scheint die Sonne inmitten eines blauen Himmels.

Ein anderer umgibt sich mit guten Worten wie „loyal, ehrlich, fair.“ „Familie Glück“ heißt es auf dem Körper eines Ich-Bildes. Die Sehnsucht nach der Familie ist groß, bleibt aber oft ein Wunschbild, denn die Familie ist längst zerbrochen.

Die Idee zu dieser Ausstellung hatten die Vereine „Haltepunkt Düsseldorf-Gerresheim“ unter Dorothee Büsse und das Kreativquartier Ruhrort mit insgesamt 25 Künstlern. Zur Vernissage an der Heyestraße war es rappelvoll, denn das Nachbargebäude des alten Amtsgerichts ist noch nicht bezogen. Zukünftig wird sich die Kunst besser präsentieren können.

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