„John“ saß 25 Monate unschuldig in Haft

Gefangenenmagazin „Ulmer Echo“ berichtet über den unglaublichen Fall einer Verwechslung.

„John“ saß 25 Monate unschuldig in Haft
Foto: dpa

Düsseldorf/Ratingen. 25 lange Monate saß ein US-Bürger unschuldig in der Ulmer Höh’ in Ratingen in Haft. Jetzt, nachdem der Fall endlich geklärt ist und der Familienvater wieder sicher in seiner Heimat lebt, erzählt das Gefangenenmagazin „Ulmer Echo“ die unglaubliche, aber wahre Geschichte von „John“.

„John“ saß 25 Monate unschuldig in Haft
Foto: Bernd Schaller

Der Name ist erfunden, denn das Justizopfer wollte nie an die Öffentlichkeit treten und stets anonym bleiben. John also landete eines Tages auf einer Geschäftsreise am Flughafen. Hier wurde er festgenommen, gesucht per internationalem Haftbefehl aus Italien. Und so landete der Mann, der nur Englisch und Spanisch sprach, im Gefängnis Ulmer Höh’.

Italien hatte seine Auslieferung beantragt. Der Amerikaner sei, angeblich wegen eines Drogendeliktes, zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Dieses Urteil habe er laut „Ulmer Echo“ nie zu sehen bekommen. Die deutschen Gerichte wollten den Familienvater an Italien überstellen.

In all den Monaten der Ungewissheit betreute auch Gefängnispfarrer Pater Wolfgang Sieffert den verzweifelten Mann, „der aber nie aufgeregt gesprochen hat“, sagt Sieffert. John habe im Kirchenchor gesungen, war hilfsbereit und offen für sachliche Klärung. „Davor ziehe ich wirklich den Hut“, sagt der Gefängnisseelsorger.

Glück hat John dann mit seiner Anwältin gehabt. „Die hat wohl sehr, sehr gut gearbeitet“, bescheinigt Pater Wolfgang. So habe sie zunächst die Überstellung nach Italien verhindert. Als das Oberlandesgericht die Beschwerde verwarf, zog die Juristin laut „Ulmer Echo“ „sogar vors Verfassungsgericht.“ Doch die Verfassungsbeschwerde sei gescheitert, weil Italien inzwischen ein faires Berufungsverfahren zugesichert hatte.

In all der Zeit des Wartens, der Dauerangst war es für John besonders schlimm, dass er seine Familie nicht sehen konnte, insbesondere seine jüngste Tochter, die noch zur Schule ging. Besuch bekam er einmal. Doch die Familie hielt zu ihm, gab ihm auch aus der Ferne Halt. Und immer hatte John die Hoffnung, dass sich alles bald aufklären und er frei kommen werde.

Doch er haderte auch. Erinnerte sich daran, vor Jahren ein einziges Mal in Italien gewesen zu sein. In diesem Urlaub habe er mit anderen Gras-Zigaretten geraucht. Sollte dies der Grund für den Haftbefehl und ein 30-Jahre-Urteil sein?

Die italienischen Behörden drängten weiter auf die Überstellung. Und eines Tages gaben die deutschen Behörden dem Begehren statt. John sollte nach Italien ausgeliefert werden. Es ist noch gar nicht lange her, da war er eines Tages nicht mehr in der Ulmer Höh. Die Sorge, dass er ausgeliefert worden war, war groß. Doch die Gefängnis-Bediensteten, die ebenfalls von seiner Unschuld überzeugt waren, gaben Entwarnung. John war nach 25 Monaten frei gekommen.

Wie sich herausgestellt hatte, beruhte alles auf einer Verwechslung mit einem anderen Amerikaner, der den selben Namen trägt. Das „Ulmer Echo“ beklagt, dass die Gerichte die Katastrophe für John und seine Familie hätten verhindern können, „wenn nur einmal das Geburtsdatum oder ein Foto verglichen worden wäre.“

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