Interview: Wir haben Geld auf dem Konto

Kämmerer Helmut Rattenhuber rechnet mit einem Steuerloch von bis zu 150 Millionen Euro – dennoch will er weiter investieren.

Herr Rattenhuber, Düsseldorf ist ein bedeutender Wirtschaftsstandort. Nun soll die deutsche Wirtschaft schrumpfen wie noch nie seit Kriegsende: 2,25 Prozent. Trifft das Düsseldorf besonders hart, müssen Sie Ihre Zahlen für das laufende Jahr korrigieren?

Rattenhuber: Das kann ich noch nicht sagen. Die erste Nagelprobe ist der 15. Februar, das ist für die Unternehmen der erste Steuertermin. Wer gute Geschäfte macht, schickt als Vorauszahlung einen Scheck. Ist das nicht der Fall, erhalten wir einen Brief. Klarer sehen wir vermutlich im zweiten Quartal.

Rattenhuber: Solch einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts wie den jetzt prognostizierten hatten wir noch nicht. Ich bin mir nicht sicher, wie dies einzuschätzen ist. Gibt es einen Rückgang bei den Steuereinnahmen, der dem allgemeinen Minus der schrumpfenden Wirtschaft entspricht? Oder passiert sogar mehr, weil die Entwicklung in den Köpfen und der Wirtschaft weitere Wirkungen zeigt? Ersteres ist beherrschbar, letzteres kaum zu kalkulieren.

Rattenhuber: Die Gewerbsteuer ist unser Haupteinnahmeposten. Für 2009 habe ich 908 Millionen Euro eingeplant. Ein Minus von 2,25 Prozent würde uns auf den Stand von Ende 2006 zurückwerfen, was nicht dramatisch wäre. Das war ein Jahr, in dem wir Wachstum hatten, nämlich drei Prozent. Auf den städtischen Konten halten wir heute Reserven von 200 bis 300 Millionen Euro vor, mit denen wir diese Delle von 100 bis 150 Millionen Euro ausgleichen könnten. Genau für diese Notsituationen ist die Finanzreserve gedacht. Was nicht passieren darf, ist, dass wir uns verschulden. Dann würde ich sofort energisch entgegensteuern.

Rattenhuber: Wir haben das große Glück, in einer anderen Situation zu sein. Wir sind schuldenfrei und haben Geld auf dem Konto. Beides war vor 15 Jahren nicht gegeben. Es wäre deswegen kontraproduktiv, wenn wir unsere Investitionen in Schulen, Sport etc. reduzierten. Im Gegenteil: Wenn wir an Geld aus dem Berliner Konjunkturprogramm herankommen können, weiten wir die Maßnahmen sogar aus. Die öffentliche Hand ist laut Stabilitätsgesetz dazu gezwungen, antizyklisch zu investieren.

Rattenhuber: Exakt so wird es vermutlich kommen. Wir kennen die Vorgaben andererseits noch nicht, wissen nicht, ob Berliner Gelder in unserem Etat zu Verschiebungen führen dürfen. Aber es gibt viele Maßnahmen, die sich anbieten. Die Modernisierung von Heizungsanlagen in Gebäuden der Städtischen Wohnungsgesellschaft ist nur ein Beispiel. Denken Sie an die schnellere Umstellung von Gaslaternen auf LECD-Technik. Das bringt auch etwas in der Umweltbilanz. Oder die Modernisierung von Vereinsheimen im Sport, das ließe sich ausweiten.

Rattenhuber: Die 50 Millionen Euro haben wir aus den laufenden Einnahmen finanziert. Details zu unseren Steuerzahlern darf ich nicht verraten. Nur soviel: Die 100 größten Steuerzahler bestreiten in Düsseldorf 50 Prozent des Aufkommens, in anderen Städten leisten dies zehn oder vielleicht 15 Steuerzahler. Diese breite Streuung zahlt sich in Krisenzeiten aus. Flughafen-Chef Christoph Blume hat es einmal so ausgedrückt: Gestern saßen Investmentbanker in den Flugzeugen nach London, heute sind es Rechtsanwälte, Unternehmensberater oder Insolvenzverwalter.

Rattenhuber: Ja, aber der fällt vermutlich moderat aus, da die meisten Unternehmen offenbar ihre Arbeitskräfte halten wollen.

Rattenhuber: Sagen wir es anders. Zurzeit sind die Daten nicht so schlecht wie die Prognosen. Uns würde es freuen, wenn es zwei Monate mal keine Änderungen bei den Voraussagen gäbe. Dann wüssten wir, wo wir angekommen sind. Erinnern Sie sich: Ende des letzten Jahres hieß es vom Sachverständigenrat der Bundesregierung, die Wirtschaft wachse 2009 um 0,2 Prozent - und bei größeren negativen Einflüssen schrumpfe sie um 0,8 Prozent. Das hörte sich noch ganz anders an. Wir müssen also abwarten.

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