Interview mit Matthias Dargel: Der Macher der Diakonie geht

Er machte sein Haus schuldenfrei, jedoch hatte er seine Mitarbeiter selten hinter sich: Matthias Dargel zieht Bilanz.

Düsseldorf. Matthias Dargel, theologischer Vorstand und Vorstandssprecher der Diakonie Kaiserswerth, verlässt spätestens zum 1. April seinen Arbeitsplatz an der Alte Landstraße. Der 46-Jährige hat sich in seiner siebenjährigen Tätigkeit Freunde und Feinde gemacht. Während das Kuratorium erste Gespräche mit potenziellen Nachfolgern führt, hält Dargel Rückblick und Ausblick.

Herr Dargel, als Pfarrer und Diplomökonom haben Sie den Akzent auf das Ökonomische gelegt?

Matthias Dargel: Überhaupt nicht, aber es gibt ökonomische Erfolge. Als ich anfing, hatte man hohe Verluste, operativ waren es zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr. Die Gebäude verfielen, das Gelände war ziemlich ruiniert. In den ersten Jahren meiner Tätigkeit ging es darum, die Ampel überhaupt wieder auf Grün zu stellen. Seit zwei, drei Jahren investieren wir ins Krankenhaus, in Bildungsbauten wie die Fachhochschule, in andere Häuser auf dem Gelände.

Das meiste Geld fließt in das Florence Nightingale Krankenhaus. Worum geht es?

Dargel: Wir haben in diesem Jahr für viele Millionen Euro die Fassade und das Dach erneuert, wir erneuern einzelne Stationen im laufenden Betrieb. Der Neubau auf der Wiese hinter dem Krankenhaus rückt in greifbare Nähe. Wir werden mehr und modernere Operationsräume, mehr Intensivbetten und alle Untersuchungsräume auf einer Etage haben. Wir investieren 80 Millionen Euro.

Welche Profile sind geplant?

Dargel: Der erste Schwerpunkt ist die Familienmedizin, der zweite soll ein Tumorzentrum sein. Wir sind das Krankenhaus in Düsseldorf, das die meisten Tumorarten behandeln kann. Neu ausgebaut wird die Orthopädie mit Chefarzt Daniel Frank, der den Unfallchirurgen Ulrich Gras abgelöst hat.

Wann werden diese Ziele verwirklicht?

Dargel: Das hängt von der Baugenehmigung durch die Stadt ab. Uns wird eine zügige Bearbeitung zugesagt.

Ihre wirtschaftlichen Taten werden von Protesten im Haus begleitet. Gleich zu Beginn Ihrer Ära machten Sie Schlagzeilen mit der Kündigung des Stammhausleiters. Die Probleme halten an. Was haben Sie für eine Erklärung?

Dargel: Die Heimbewohner haben einen Anspruch auf gute Pflege. Das war damals nicht gewährleistet, und das Thema ist noch immer nicht ausgeräumt. Viele Mitarbeiter meinen zu wissen, wie sie helfen wollen, und glauben, dass der Staat oder wer auch immer all das bezahlt, was sie an guten Dingen tun. Gerade in letzter Zeit haben sich Qualitätsansprüche und Gesetze zugunsten der Patienten verbessert.

Wie unterstützen Sie die Veränderungen?

Dargel: Es sind viele Schulungen gelaufen, aber sie haben nicht viel genutzt. Zum Teil wechseln wir Kräfte aus. Wenn Mitarbeiter gehen, holen wir neue rein.

In jüngster Zeit protestierten 81 Ärzte mit einer Unterschriftensammlung. Ihre Fehler?

Dargel: Wenn wir so einen großen Neubau wollen, fordern wir auch mehr Verbindlichkeit in der Leistung der Ärzte. Aber da haben viele Mitarbeiter zurückgezuckt und wollten das Leistungsversprechen nicht geben. Es gab aber auch Ärzte, die ein persönliches Interesse daran hatten, das Haus schneller zu verlassen.

Fluktuation gab es doch auch im Vorstand und im Kuratorium?

Dargel: In den letzten 30 Jahren bin ich der Einzige, der länger als fünf Jahre da war. Aber die Verantwortung für die Wahl des Vorstands liegt beim Kuratorium. Wie kommt es, dass das Gremium seit 30 Jahren immer wieder Vorstände gegeneinander setzt, die nicht miteinander arbeiten können? Ich habe drei Kuratoriumsvorsitzende, vier kaufmännische Vorstände und zwei Krankenhausdirektoren erlebt. Und irgendwann habe ich gesagt, ich gehe jetzt voran und packe es an. Bei der Wahl meines Nachfolgers ist es wichtig, dass die Drei von demselben reden, wenn sie von der Diakonie Kaiserswerth reden.

Stand der Theologe in Ihnen dem Ökonom im Wege?

Dargel: Wir machen mehr als die Diakonie Düsseldorf und die Graf-Recke-Stiftung. Wir haben ein dickes Büchlein aller seelsorgerischen und gottesdienstlichen Angebote. Die Intensivpädagogik bei Jugendlichen mit besonderen Problemen ist unsere älteste diakonische Aufgabe. Auch da haben wir uns deutlich verbessert und verstärkt.

Wie grenzen Sie sich von der Graf-Recke-Stiftung ab?

Dargel: Kaiserswerth ist in den letzten Jahren um 35 Prozent gewachsen, an Personal und an Aufgaben. Wir haben uns in der Jugendhilfe mehr als verdoppelt. Im Bildungsbereich und im Krankenhaus sind wir gewachsen. Wir tun viel und es wird angenommen. Das ist in der Graf-Recke-Stiftung nicht so gewesen. Sie ist in der Jugendhilfe, Behindertenhilfe und Altenhilfe aktiv.

Sprechen Sie ein anderes Publikum an?

Dargel: Wir sind ein wichtiger Bestandteil im Stadtteil, mit 2300 Mitarbeitern und 300 Ehrenamtlichen. Die halbe Fläche von Kaiserswerth macht die Diakonie Kaiserswerth aus. Wir sind etwas gutbürgerlicher, wir haben 80 bis 90 Prozent Selbstzahler, in der Graf-Recke-Stiftung sind es viel weniger. Seit 175 Jahren leben wir friedlich nebeneinander.

Was bieten Sie den Anliegern?

Dargel: Wir haben das Gelände geöffnet, haben es als Park für alle Bürger schön gemacht. Wir möchten, dass es als Teil von Kaiserswerth erlebt wird.

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