Interview: Cellist Thomas Beckmann - „Ich hoffe, dass meine Frau wieder gesund wird“

Der Cellist Thomas Beckmann über seine Tournee, seinen Verein „Gemeinsam gegen Kälte“ und die Sorge um seine Frau Kayoko.

Düsseldorf. WZ: Herr Beckmann, in Düsseldorf müsse kein Obdachloser auf der Straße schlafen, sagt die Stadt. Braucht man da Ihren Verein "Gemeinsam gegen Kälte" überhaupt noch?

Beckmann: Dass in Düsseldorf, aber auch in anderen deutschen Städten, kein Obdachloser auf der Straße schlafen muss, ist eine positive Tatsache. Es ist aber auch eine Tatsache, dass wir trotzdem Obdachlose auf der Straße schlafen sehen, obwohl es städtische und kirchliche Unterkünfte gibt. Dies ist zum einen ein besonders mit der Altstadt verbundenes Problem. Zum anderen aber ist es auch so, dass attraktive Städte wie Düsseldorf arme, sozial schwache und obdachlose Menschen stark anziehen. Es ist deshalb dringend notwendig, die Maßnahmen der Städte auf der Rhein-Ruhr-Schiene und in ganz NRW dahingehend feinmaschig abzustimmen, dass unabhängig von der Attraktivität der Städte ein gleichmäßiges Betreuungsangebot erreicht wird. Der Verein "Gemeinsam gegen Kälte" sieht seine Aufgabe darin, mit den Kräften der Musik dahingehend zu wirken, dass die Problematik der Obdachlosigkeit nicht mehr mit der Schuldfrage verknüpft wird, wie es noch 1993 der Fall war, als die Düsseldorfer Initiative die erste in Deutschland war.

WZ: Sie haben den Verein 1996 gegründet. Wie hat sich die Hilfsbereitschaft der Düsseldorfer seitdem entwickelt?

Beckmann: Das Thema ist im oben beschriebenen Sinne enttabuisiert worden, was unter anderem dazu führte, dass die Politiker im Stadtrat nicht mehr befürchten müssen, die Öffentlichkeit wäre der Meinung, im Rathaus würde zu viel für die "Penner" getan. Darüber hinaus ist seit 1993 meines Wissens kein Mensch in Düsseldorf erfroren (damals startete Beckmann den ersten Aufruf, für Obdachlose zu spenden, Anm. der Redaktion). Wir haben eine Befindlichkeit in der Bevölkerung erreichen können, dass sich Passanten nicht mehr davor scheuen, hilflose Menschen auf der Straße anzusprechen, notfalls Polizei oder Feuerwehr zu rufen.

WZ: Auf welche Tourneen gehen Sie in diesem Jahr?

Beckmann: Vom 15. Januar bis zum 28. März gehe ich auf die größte Tournee, die ich für unseren Verein je gegeben habe, mit 53 Konzerten. Sie beginnt am in Remscheid und endet am 28.März in der Berliner Philharmonie, am 24. März spiele ich in der Düsseldorfer Tonhalle. Diese Tourneen für den Verein sind deshalb besonders anstrengend und nervenaufreibend, weil es nicht nur um das Spielen allein geht, sondern wir hier im Verein mit wenigen Kräften diese Konzerte als Veranstalter organisieren. Wir werden unterstützt von den Projektgruppen der mittlerweile 100 Städte. Es bleibt aber hier in Düsseldorf so viel zu tun, dass wir an manchen Tagen nicht wissen, wo uns der Kopf steht.

WZ: Sie wohnen seit 1990 im Schumann-Haus an der Bilker Straße. Im vorigen Jahr ist Ihnen fast ein Stück Decke auf den Kopf gefallen. Macht die Stadt genug für die Sanierung, besonders mit Blick auf das Schumann-Jahr 2010?

Beckmann: Sie werden verstehen, dass ich mich bei all den Freundschaften, die in die Stadtverwaltung hinein bestehen, in dieser Frage zurückhaltend äußern möchte. Ich denke, dass die Stadt sehr bemüht ist, das Schumannhaus und die Schumannwohnung im Jahr 2010 in würdigem Zustand zu präsentieren. Aber wir haben nicht mehr viel Zeit, denn das Schumann-Jahr hat schon begonnen. Das Haus wird im Schumann-Jahr von vielen Menschen - auch hochrangigen Vertretern aus Politik, Kultur und Wirtschaft - besucht werden. Ein gepflegtes Erscheinungsbild dieses Hauses von nationaler Bedeutung ist deshalb für das Image der Kulturstadt Düsseldorf eine große Chance.

WZ: Wenn Sie Ihrem besten Freund drei Düsseldorfer Kulturtipps geben sollten für 2010 - welche wären das?

Beckmann: Ich muss gestehen, dass ich aufgrund der Vorbereitungen der Tournee im Moment über die aktuellen Planungen in Düsseldorf nicht ausreichend informiert bin, um fundierte Tipps geben zu können. Auf jeden Fall würde ich aber einen Besuch im Marionetten-Theater empfehlen. Außerdem bieten Oper, Schauspielhaus, Tonhalle und Schumannsaal jedwede Auswahl, auf die wir stolz sein können.

WZ: Ihre Frau Kayoko ist seit Jahren schwer krank und wird in Japan behandelt. Wie oft sehen Sie sich, wie kommunizieren Sie?

Beckmann: Leider habe ich meine Frau seit Monaten nicht mehr gesehen, da mit meinen Konzerten und mit der Vorbereitung der anstehenden Tournee zu viel Arbeit war. Kayoko ist derzeit in einer Tokyoter Klinik und hat einen erfolgreichen Eingriff hinter sich gebracht. Wir telefonieren aber jeden Tag, und seit einiger Zeit kann sie ein bisschen besser lesen, so dass wir uns E-Mails in beschränktem Umfang schicken können.

WZ: Der Umbau der Innenstadt dominiert auch dieses Jahr. Wo sehen Sie darüber hinaus die drängendsten Probleme der Stadt?

Beckmann: Ich würde gern anders antworten: Wo sehe ich die größten Chancen der Stadt? Durch meine Konzerte reise ich sehr viel in Deutschland und habe einen guten Vergleich mit anderen Städten. Im Ruhrgebiet ist Düsseldorf mit Abstand die attraktivste Stadt, Düsseldorf ist auch attraktiver als Köln. Zumindest ist unser Konzertsaal durch den Umbau gelungener als die Kölner Philharmonie. Dies alles ist nur möglich auf der Grundlage eines prosperierenden wirtschaftlichen Erfolges. Diesen weiter zu pflegen, muss eines der vorrangigsten kommunalpolitischen Themen sein.

WZ: Was nehmen Sie sich persönlich für 2010 vor?

Beckmann: Ich habe die große Hoffnung, dass uns die Gesundheit meiner Mutter noch lange erhalten bleibt, dass Kayoko wieder gesund wird und dass die nun anstehende Tournee ein großer Erfolg wird. Ich hoffe sehr, dass Kayoko im Frühsommer aus Japan gesund zurückkommen kann. Wir planen deshalb, im Spiegelzelt am Kö-Graben zum Auftakt des Bücherbummels, zum ersten Mal seit acht Jahren wieder gemeinsam aufzutreten. Das Konzert findet am 9. Juni statt.

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