Integration: In Düsseldorf klappt’s

Viele Migranten wollen Deutsch lernen. 38 Prozent der Kinder besuchen inzwischen sogar das Gymnasium.

Düsseldorf. Deutschland hat ein Migrantenproblem - vor allem ein Problem mit den Türken. Das geht aus einer neuen Studie des Berlin-Instituts hervor. Demnach haben 30 Prozent der türkischen Migranten nicht einmal einen Schulabschluss, viele sind sozial nicht integriert. In Düsseldorf hingegen klappt das Zusammenleben und Zusammenwachsen offenbar ganz gut - wenn auch nicht ohne Probleme.

Hülya Ergüllü, die selbst aus der Türkei stammt, berät für die Awo Migranten. Sie attestiert den türkischen Zuwanderern eine ständig steigende Einsicht in die Notwendigkeit, sich in Deutschland zu integrieren. Diese Einsicht hänge direkt mit der Erkenntnis zusammen, dass eine Rückkehr in die Türkei unwahrscheinlich ist. Ergüllü: "Wir haben jetzt eine bleibende Generation."

Dieses Umdenken zeigt sich auch in den Anmeldezahlen zu Sprach- und Integrationskursen bei der Volkshochschule. Die VHS nimmt im Auftrag des Gesetzgebers den Einbürgerungstest ab. Aber auch unabhängig von der Prüfung melden sich laut dem Bereichsleiter Wolfgang Cziesla immer mehr Migranten an, die Deutsch lernen oder ihre Kenntnisse verbessern wollen - die Kurse des gerade erst startenden Halbjahresprogramms sind bereits ausgebucht.

Hülya Ergüllü sieht Düsseldorf mit dem nochmals erweiterten Angebot für die Zielgruppe auf einem guten Weg: "Hätten wir mit dieser Förderung vor 20, 30 Jahren angefangen, hätten wir jetzt ein ganz anderes Bild."

Andere Zahlen der VHS stützen hingegen die Berlin-Studie: 35 Prozent der Teilnehmer in den Vorbereitungskursen zum Nachholen des Schulabschlusses sind tatsächlich Migranten. Dabei kann Klaus Peter Vogel, Leiter der Hauptschule Bernburger Straße, eine höhere Abbrecherquote bei den Schülern mit türkischer Abstammung nicht bestätigen. Besonders bei jungen Eltern mit Migrationshintergrund erlebe er eine steigende Aufgeschlossenheit. Feste Strukturen, die von engen familiären Bindungen und dem Glauben herrühren, brächen auf.

Das Plus für Düsseldorf ist laut Ergüllü und Vogel, dass es nicht wie in Köln oder Berlin Stadtteile gibt, die klar durch eine Gruppe von Migranten geprägt sind. In Reisholz oder Hassels etwa leben zahlreiche Einwanderer aus Osteuropa - mit ähnlichen Integrationsproblemen wie türkische Migranten. Da sich die Nationalitäten aber zwangsläufig mischen, ist eine Abschottung schwer möglich.

Trotzdem bleibt die Sprache ein Problem. Das liegt vor allem an der mangelnden Förderung in der Vergangenheit und dem Zuzug von Ehepartnern aus der Türkei. Laut VHS-Direktorin Annegret Kalender-Sander gibt es noch immer zahlreiche Frauen, die nicht einmal in ihrer Muttersprache alphabetisiert sind.

Die VHS hat daher ein spezielles Integrationsangebot für Frauen aufgelegt - mit 900Stunden Deutschunterricht, bezahlt vom Bund. Das Ziel: Wenn die Mutter gut Deutsch spricht, soll auch der Nachwuchs es leichter haben.

Düsseldorfs Sozialdezernent Burkhard Hintzsche verweist darauf, dass die Berliner Studie Düsseldorf ausdrücklich Erfolge zubilligt: "38 Prozent aller Schüler mit Migrations-Hintergrund gehen aufs Gymnasium. Damit liegen wir zusammen mit Bonn vorn bei allen Großstädten."

Der Schlüssel zur Integration sei die Bildung. Hier bemühe man sich schon um eine konsequente Förderung, die schon in den Kindertagesstätten beginnt. Weitere Ergebnisse der Studie will Hintzsche jetzt erst auswerten.

Warum ausgerechnet die Integration von Türken so schwierig ist? Auch Ioannis Vatalis, der Vorsitzende des Ausländerbeirats, sieht das Problem vor allem in dem Familien-Zuzug: "Es wird viel darüber geklagt, dass es jetzt strengere Auflagen geben soll. Aber das kann man auch als Chance begreifen." Er möchte, dass die Ergebnisse der Landesstudie für den Ausländerbeirat mit Düsseldorfer Zahlen ergänzt werden.

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