In Klang verwandelte Kritzelbilder

Die Gemälde des Avantgarde-Künstlers Cy Twombly werden zu Musik.

Der amerikanische Maler und Bildhauer Cy Twombly.

Der amerikanische Maler und Bildhauer Cy Twombly.

Foto: Wolfgang Weihs

Musik und Malerei liegen unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten zugrunde. Und doch gibt es Parallelen. Diese sind nicht physikalischer, sondern geistiger Natur. Seit jeher lassen sich Komponisten von außermusikalischen Eindrücken inspirieren — vor allem in der romantischen Epoche des 19. und 20. Jahrhunderts. Der aus Belgrad stammende Komponist Bojan Vuletic (geb. 1971) ist nun dabei, einen großen Werk-Zyklus aufzubauen mit Kammermusiken, die sich auf literarische, bildnerische und philosophische Vorlagen beziehen. „Recomposing_Art“ nennt sich das Projekt. Nun fand die Uraufführung von Teil VIII beim Asphalt-Festival in der Glashalle des Weltkunstzimmers statt.

Der achte Teil trägt den Titel „Beautiful in the subversion of beauty“ („Schön im Umsturz von Schönheit“) und widmet sich Bildern des US-amerikanischen Malers Cy Twombly (1928-2011). Durch Schlieren, Kritzeleien, unfertige Skizzen und schriftähnliche Codes auf der Leinwand wirken Twomblys Arbeiten wie Allegorien auf die Flüchtigkeit. Nun lässt sich Kunst nicht ernsthaft mit Klängen imitieren. Und Absicht des Komponisten ist es wohl auch nicht, Twombly nachzuäffen, sondern vielmehr die subjektiven Eindrücke in die eigene Musik einfließen zu lassen.

Sieben Musiker aus New York sind für die Uraufführung nach Düsseldorf gereist. Schon in den vergangenen Jahren gastierten die Amerikaner beim Asphalt-Festival, um Vuletics Kompositionen aus der Taufe zu heben. Das Ensemble besteht aus einem klassisch besetzten Streichquartett, dem Mivos-Quartett, sowie dem Saxophonisten Jon Irabagon, Trompeter Nate Wooley und Vibraphon-Spieler Matt Moran. Die Quartett-Formation steht sozusagen für die Sphäre des Klassischen, während die drei anderen Klangquellen Experimentelles zutage fördern. Ganz streng hält der Komponist die beiden Pole aber nicht auseinander. Auch die Erste Violine darf mal spielerisch außer Rand und Band geraten mit Tönen und Geräuschen, die man aus dem klassischen Konzert nicht gewohnt ist.

Die Bläser entlocken ihren Instrumenten muntere, manchmal gar clowneske Klänge, die zuweilen an helle Tierlaute erinnern. Gelegentlich formiert sich das Ensemble auch zum strengen Choralsatz mit tonalen Harmonien.

Vuletic bedient sich aus einem großen Setzkasten der Musikgeschichte. Neu dabei sind nur die Konstellationen. Im Verlauf des einstündigen Septetts kann man den Eindruck gewinnen, der Komponist nutzte ein Strickmuster. Charmanter formuliert: Er hat einen Personalstil. Und der zeugt von solidem Handwerk. Jedoch wird in diesem Stück gegen Ende manches vorhersehbar und dadurch auch eintönig. Der achte Teil der „Recomposing_Art“ besitzt schillernde Klang-Momente und viele reizvolle Harmonien, so recht vom Stuhl reißt es aber wohl nur ein sehr ausgesuchtes Publikum. Im Weltkunstzimmer war jene Zielgruppe recht stark vertreten und spendete reichlich Beifall.

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