Düsseldorf In Düsseldorf startet der erste „Integration Point“ bundesweit

Die neue Servicestelle der Arbeitsagentur ist auf Flüchtlinge spezialisiert. Diese bekommen dort Hilfe beim schwierigen Weg in den Alltag.

Düsseldorf: In Düsseldorf startet der erste „Integration Point“ bundesweit
Foto: Roland Weihrauch, dpa

Düsseldorf. Flüchtlinge schnell in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt einbinden, das ist das Ziel des „Integration Points“ — eines neuen Arbeitsmarktkonzepts, das vor einigen Tagen gestartet ist und am Donnerstag bei der Düsseldorfer Arbeitsagentur vorgestellt wurde.

Das Modell: Die bundesweit erste Servicestelle dieser Art soll allen Flüchtlingen zur Seite stehen, die Hilfe bei der berufliche Eingliederung oder bei Fragen des Lebensunterhalts brauchen. Neben einer Hotline bietet die Servicestelle auch Gespräche vor Ort in den Flüchtlingsunterkünften an. Das zehnköpfige Team soll kontinuierlich erweitert werden. Im Idealfall sollen auf einen Arbeitsvermittler 60 bis 70 Flüchtlinge kommen. Das Ziel: Durch eine schnelle Kontaktaufnahme sollen früh Potenziale erkannt und Vermittlungsdienstleistungen angeboten werden. Dazu gehört Hilfe bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen sowie die Vermittlung von Sprachlehrgängen. Beteiligt an dem Modellprojekt sind neben der Bundesagentur für Arbeit auch das Jobcenter und die Stadt. Finanziert wird das Ganze durch Bundesmittel. 10,6 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.

Die Realität: Während die Arbeitsagentur-Chefs beim Pressetermin noch glauben, bislang keinen Vermittlungserfolg der neuen Stelle vermelden zu können, weiß es Arbeitsberater Habib Hammo eine Etage höher besser: „Ich habe vorhin einen Mann aus Ghana an ein Hotel in Düsseldorf vermittelt“, sagt er. Und vor ihm sitzt ein weiterer aussichtsreicher Fall: Der Bauingenieur aus Damaskus hat bereits ins Deutsche übersetzte, beglaubigte Abschriften seines Bachelor-Titels aus Damaskus mitgebracht. Er ist seit 27 Jahren im Geschäft, auch mit deutschen Unternehmen, war zuletzt Regierungsmitarbeiter. Ein namhaftes Großunternehmen interessiert sich bereits für ihn.

Dennoch wirkt der 51-Jährige verzweifelt: „Seit sechs Monaten warte ich auf meinen Aufenthaltstitel. Andere hatten den in zwei Tagen.“ Ohne Aufenthaltstitel keine Arbeit. Kann die neue Servicestelle helfen? „Die Kollegen vom Ausländeramt sind leider heute nicht da, die sind total überlastet“, sagt Hammo. Der Kandidat vor ihm lächelt gequält. Beide unterhalten sich auf arabisch. In zwei Wochen sollte es klappen mit dem Aufenthaltstitel, tröstet Hammo.

Er sei mit Freunden geflüchtet, drei syrischen Ingenieuren, berichtet sein Gegenüber. Als einziger seiner Gruppe habe er überlebt, als das Schleuserboot sank. Sechs Stunden habe er im kalten Wasser des Mittelmeers getrieben. Seine Frau sei noch in Damaskus. Ohne Arbeit und Aufenthaltstitel könne er sie nicht nachholen. Er zeigt ein Foto seiner Wohnung: Ein völlig ausgebranntes Wohn-Hochhaus.

„Man muss diese Geschichten emotional von sich fernhalten und sachlich bleiben“, sagt Berater Hammo. „Aber sie motivieren mich, wirklich etwas für die Leute zu erreichen.“

Die Aussichten: Dass die Integration der vielen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt kein Selbstläufer wird, stellte Christiane Schönefeld, NRW-Chefin der Arbeitsagentur, klar: „Eine Wohnung, die kulturelle Neuorientierung und das Erlernen der deutschen Sprache sind nicht von heute auf morgen machbar.“ Für das erste Jahr hält sie eine Vermittlungsquote von zehn Prozent für realistisch.

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