Immer mehr Spielsüchtige suchen die Beratung

Sucht: Beratungsstellen sind überlastet, doch die Stadt will kein Geld für neue Stellen ausgeben. Immer öfter tauchen auch illegale Spielautomaten auf.

Düsseldorf. Es flimmert bunt. Sonnen, Äpfel Kirschen und Zahlen rotieren auf dem Display des Automaten, den ein kahlköpfiger Mann anstarrt, als wäre er die materialisierte Verheißung. In der Spielhalle am Burgplatz steckt er ein Geldstück nach dem anderen in den Schlitz, neben dem in gelben Lettern das Wort Jackpot aufleuchtet.

Immer mehr Düsseldorfer leiden an Glücksspielsucht. Das belegen Zahlen aus einem Bericht des "Lenkungskreis’ Glücksspielsucht", der am Mittwoch dem Ausschuss für Gesundheit und Soziales vorgelegt wurde. Demnach hat sich die Zahl der Hilfesuchenden bei der Suchtberatung der Diakonie im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um etwa 83 Prozent gesteigert.

Die Fachambulanz der Diakonie meldet Wartezeiten für einen Termin von sechs bis acht Wochen. Und das, obwohl die einzige auf Glücksspieler spezialisierte Beratungsstelle der Stadt Hilfesuchende schon an die Nachbarn in Neuss verweist.

Die Stadt fördert die Arbeit der Diakonie mit den finanziellen Mitteln für eine Vollzeitstelle. Vom Landesgesundheitsministerium bekam die Diakonie in diesem Jahr 20000 Euro Fördergeld, doch die durften nicht für neues Personal ausgegeben werden.

Die Beratungsstellen der Caritas und der LVR-Klinik haben keine auf Spielsucht spezialisierten Mitarbeiter. Die Diskrepanz zwischen Beratungsbedarf und Personal ist groß, doch es wird sich wohl nichts ändern. Der Anregung der Ausschussmitglieder Rajiv Strauss (SPD) und Susanne Ott (Grüne), die Bekämpfung der Spielsucht in den nächsten Haushalt aufzunehmen, erteilte der Vorsitzende Wolfgang Janetzki (CDU) eine Absage: "Das lässt die finanzielle Situation nicht zu."

Zu 73 Prozent sind die meist männlichen Spielsüchtigen Automatenspieler. Es gibt in Düsseldorf 79 Spielhallen mit 910 elektronischen Spielgeräten - Tendenz steigend. In Kneipen standen 2009 noch einmal 1056 Automaten. Auch in Kiosken und Vereinsräumen werden Polizei und Ordnungsamt bei Kontrollen immer öfter fündig. Dort sind Spielautomaten verboten. "Auffällig ist, dass vor allem ärmere Stadtviertel betroffen sind", sagt Ratsfrau Ott warnend.

Die Stadtverwaltung versucht über Bauleitplanung und Genehmigungsverfahren die Anzahl der Spielhallen konstant zu halten. Eine Erhöhung der Steuern für "Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit" sei, so das Steueramt, keine effektive Maßnahme. Schutzvorschriften wie Standort-reduzierung und Geräteverbot für Gaststätten, die für staatliches Glücksspiel, also Lotto und Co. gelten, könnten eher helfen, heißt es in dem Bericht - dem Mann in der Spielhalle am Burgplatz aber wohl nicht mehr.

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