Düsseldorf Im Blindflug ins Ingenhoven-Tal?

In gut einem Monat soll die Entscheidung über den Bau fallen. Doch zu sehen gibt’s nur sechs immergleiche Perspektiven.

Düsseldorf. So viel steht jetzt schon fest: Das Ingenhoven-Tal wird eine schwere Geburt. Seit Jahren ziehen sich die Verhandlungen hin, mehrfach musste die Entscheidung verschoben werden. Jetzt soll sie am 17. November im Stadtrat fallen. Dann will die Verwaltung den Bebauungsplan-Entwurf vorlegen. Er umfasst die Umgestaltung des Gustaf-Gründgens-Platzes mit den markanten Gebäuden von Architekt Christoph Ingenhoven bis hin zur Schadowstraße. Der mit Hainbuchen besetzte Großbau korrespondiert mit einem kleineren Bau, die zusammen einen Trichter bilden, eben das „Ingenhoven-Tal“.

Bemerkenswert: Die Ratsleute sollen über ein Groß-Projekt abstimmen, von dem es kaum Bilder gibt. Gerade mal ein halbes Dutzend Visualisierungen mit verschiedenen Perspektiven auf das Gebäude gibt es. Entscheidende Fragen lassen diese Ansichten offen: Wie sieht der 28 Meter hohe Bau aus, wenn man aus dem Schauspielhaus herauskommt? Was bleibt vom Theater noch zu sehen, wenn man vom U-Bahnhof Schadowstraße zehn Meter nach links oder nach rechts geht? Und wie sieht die mit Hainbuchhecken begrünte Fassade oberhalb der zweiten Etage aus? Dort werden die Hecken für Fenster unterbrochen, weil die Büros dahinter Tageslicht brauchen. Ansichten davon aber gibt es nicht. Jedenfalls keine öffentlichen. Mehrere Politiker, die in der begleitenden Kommission sitzen, haben der WZ bestätigt, dass Visualisierungen vorhanden sind. Doch die Bilder werden seit Monaten unter Verschluss gehalten. Beim Büro Ingenhoven lautete die Antwort im Mai: „Wir können Ihnen das Material zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht zur Verfügung stellen.“ Eine neue Anfrage jetzt, auch beim Investor, brachte wieder nichts.

Bei einigen Politikern stößt das sauer auf. „Ich würde an dieser Stelle mindestens eine virtuelle Kamerafahrt erwarten“, sagt Norbert Czerwinski von den Grünen. Was vorliege, sei nicht überzeugend: „Ich sehe derzeit keine Grundlage für eine Zustimmung.“ Vorsichtiger, aber auch skeptisch, äußert sich Markus Raub (SPD): „Ich hätte schon gern mal eine Perspektive vom Dreischeibenhaus aufs Ingenhoven-Tal und auch eine vom Theater über den Platz auf den Neubau.“ Er sieht Investoren und Architekten in der Pflicht: „Die können sich nicht zurücklehnen und sagen: Soll die Verwaltung machen. Die wollen doch etwas von uns.“

Auch Andreas Hartnigk (CDU), Befürworter des Projektes, räumt ein, „dass es bei Neubauten dieser Größenordnung Standard ist, einen simulierten Drohnenflug im Angebot zu haben.“ Gleichwohl ändere das nichts mehr daran, dass das Ingenhoven-Tal komme: „Der Drops ist gelutscht, OB Geisel braucht dringend das Geld.“ Hintergrund: Der Verkauf der städtischen Flächen soll 70 Millionen Euro bringen.

Auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) würde „gern mehr Bilder sehen“, sie warnt aber davor, dass diese Art von Computer-Visualisierung auch trügen könne. „Für mich ist entscheidend, was im städtebaulichen Vertrag steht.“ Darin soll die Gestaltung der Bauten festgeschrieben werden. Eine Einigung von Stadt und Investor darüber steht wohl noch aus. Es heißt, man sei „auf der Zielgeraden“.

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