Hogers kleines Bühnenspektakel

Die Schauspielerin spielt bei der Lesung Marlene Dietrich oder Alma Mahler-Werfel.

Sie schlüpft in die Rolle der Marlene Dietrich, markiert die schnippische junge Alma Mahler-Werfel zur Zeit als sie noch Alma Schindler hieß, macht auf Tragödin oder spielt die Naive. Filmschauspielerin Hannelore Hoger macht im Robert-Schumann-Saal eine schlichte Lesung zum kleinen Bühnenspektakel.

Typisch für Hoger ist, dass sie für ihre Verwandlungen keine großen Gebärden benötigt. Ihre tiefe, modulierbare Stimme, gepaart mit einer beredten Mimik genügen zur Charakterisierung jeweiliger Autorinnen und Autoren von Briefen, die sie im Rahmen der Reihe „ZweiKlang“ verlas — vorwiegend Abschiedsbriefe, adressiert an den scheidenden Liebhaber.

Von 1937 bis 1940 waren die Dietrich und Literat Erich Maria Remarque ein Paar. In einem Brief von 1945, der eigentlich kein Abschiedsbrief mehr ist, sondern mehr Zeugnis fortgesetzter Verbundenheit, schildert die Diva ihre melancholischen Anwandlungen und ihr Verlangen nach Leberwurstbrot als Balsam für die geschundene Seele. Hoger fällt es nicht schwer, Stimme und Sprechweise der reiferen Dietrich nachzuahmen. Geradezu genüsslich zelebriert sie den etwas leiernden tiefen Tonfall. Das sorgt für Erheiterung im ausverkauften Saal.

Das Format „ZweiKlang“, eine Kreation der Schumann-Saal-Leitung, beinhaltet einen Wechsel oder auch ein Miteinander von Wort und Musik. Den musikalischen Part übernahm Hogers früherer Lebensgefährte Siegfried Gerlich am Flügel. Er spielte eingängige Klavierstücke von George Gershwin, Claude Debussy und Robert Schumann sowie Klänge, zu denen Hoger sang oder melodramatisch rezitierte.

Nach der Pause dreht Hoger komödiantisch auf. Waren die Briefe vorwiegend melancholisch und allenfalls mit etwas Ironie aufgelockert, etwa beim etwas mütterlich formulierten Laufpass, den Agnes von Kurowsky dem damals 19-jährigen Ernest Hemingway gab, so durfte nun bei Satiren von Kurt Tucholsky und Loriot deutlich ausgelassener gelacht werden.

Besonders schön: die Salami-Taktik beim Geständnis einer Frau gegenüber ihrem „Daddy“, etwas mit einem fremden Mann gehabt zu haben. „Da war nichts, wir waren nur essen“ - und je länger die Rede dauert, desto mehr fiktive Hüllen fallen. Für den starken Beifall gibt es eine Loriot-Zugabe: die Eheszene, in der die Frau den Mann fragt, ob Geiger nur geigen und Trompeter nur blasen könnten - ein absurdes Gespräch zwischen Theorie und Praxis. Und bei Hannelore Hoger ist das nicht weniger lustig als mit Loriot und Evelyn Hamann persönlich.

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