Düsseldorf Heinrich Heine und Hector Berlioz: Ziemlich beste ironische Freunde

Tiefe Künstlerfreundschaft: Das Heine-Institut erwirbt für 26 500 Euro zwei Briefe von Heinrich Heine an den Komponisten Hector Berlioz. Wir haben sie gelesen.

Zeugnisse einer tiefen Künstlerfreundschaft: Im Brief an Berlioz vom 22. Juli 1848 berichtet Heine von seiner fortschreitenden Lähmung und verweist auf die Französische Revolution.

Zeugnisse einer tiefen Künstlerfreundschaft: Im Brief an Berlioz vom 22. Juli 1848 berichtet Heine von seiner fortschreitenden Lähmung und verweist auf die Französische Revolution.

Foto: Thomas Frank

Düsseldorf. Heinrich Heine liebte die Musik. Er schwärmte für so manchen Komponisten und pflegte Bekanntschaften und Freundschaften mit ihnen. Zu seinen musikalischen Göttern zählte auch der französische Komponist Hector Berlioz, einer der wichtigsten Vertreter der französischen Romantik. Der deutsche Dichter verehrte ihn als den „größten und originellsten Musiker“, der „alle seine Kollegen französischer Zunge“ überrage. Heine machte das deutsche Kulturpublikum in seinen Briefen „Über die Französische Bühne“ mit der Musik von Berlioz vertraut.

Wie die meisten Künstler lernte Heine den Komponisten und Dirigenten in Paris kennen, wo der Literat die Hälfte seines Lebens verbrachte und als Kulturkorrespondent arbeitete. Zwischen beiden entwickelte sich eine enge Freundschaft. Heine wurde gar zum Trauzeugen des romantischen Musikers. Doch wie die Künstlerfreundschaft genau verlief, ist nur spärlich dokumentiert. Nun kommen zwei kleine schriftliche „Mosaiksteinchen“ hinzu: in Form von zwei unbekannten Briefen, die Heine an Berlioz geschrieben hat. Beide in Französisch. Das Heinrich-Heine-Institut und die Heinrich-Heine-Gesellschaft konnten sie auf einer Auktion bei „Sotheby’s“ in Paris erwerben.

Als ungewöhnlich erweist sich zunächst einmal das Format der Briefe: so groß wie DIN A5-Blätter, kaum 20 Zeilen lang. „Man könnte sie mit heutigen WhatsApp-Nachrichten oder SMS vergleichen“, kommentiert Karin Füllner, Geschäftsführerin der Heinrich-Heine-Gesellschaft. Kleine Botschaften, die man sich in Paris hin- und herschickte und von einem Boten von Wohnung zu Wohnung gebracht wurden.

Den ersten Brief sendet Heine aus seiner Sommerwohnung in Passy am 22. Juli 1848. Darin berichtet er von seiner Krankheit, verweist aber auch auf die Ideale der Französischen Revolution und die Musik: „Mein lieber Berlioz, der Bürger Weil hat mir gesagt, dass Sie nach meiner Adresse gefragt haben und dass Sie mir einen Besuch androhen. Ich hoffe, dass die Drohung Wirkung zeigen wird. Sie werden angenehm überrascht sein zu sehen, wie sehr meine Lähmung seitdem fortgeschritten ist; Sie machen sich keine Vorstellung von dieser abscheulichen Angelegenheit. Seit 2 Monaten bin ich dem Tode nahe. — Adieu — Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ohne Musik, — Henri Heine“. Erstaunlich: Heine erweist sich auch beim Verfassen eines kurzen Briefes als Meister der Ironie. „Ich denke, dass Berlioz Sinn für Ironie hatte und gerade diese Ironie Berlioz und Heine verbunden hat“, vermutet Karin Füllner.

So bleibt die Künstlerfreundschaft bis zu den letzten Lebenstagen des Dichters bestehen. Als Heine immer kränker wird, erweist sich Berlioz als einer der wenigen treuen Wegbegleiter Heines.


(Im Brief vom 14.8.1855 erwartet der nun bettlägerige Heine sehnsüchtigst den Besuch von Berlioz., Foto: Thomas Frank)

Den zweiten Brief vom 14. August 1855 schreibt Heine aus seiner Pariser „Matratzengruft“, gut ein halbes Jahr vor seinem Tod. Der Dichter ist mittlerweile so krank, dass er das Bett nicht mehr verlassen kann. Die knappen Briefzeilen lassen darauf schließen, wie sehr Heine an diesem Tag litt: „Vergessen Sie Ihren Freund nicht, den armen beinlosen Krüppel, und wenn Ihre Wege Sie in die Nähe der Avenue Matignon (Nr. 3) vorbeiführen, machen Sie sich doch die Mühe, bis an mein ärmliches Bett hinaufzusteigen, wo ich Sie bald baldmöglichst erwarte. Ich habe Ihnen mehrere Sachen zu sagen“.

Ebenfalls spannend: Den ersten Brief schrieb Heine noch mit Federkiel und Tinte. Gut sieben Jahre später ist er dazu aufgrund seiner Krankheit nicht mehr in der Lage: Er nutzt nun einen Bleistift.

Auf die Versteigerung der Briefe wies ein Heine-Freund hin. Sabine Brenner-Wilczek, die Leiterin des Heine-Institutes, nahm via Telefon an der Auktion teil und erhielt für rund 26 500 Euro den Zuschlag.

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