Gesundheit: Notfallpatient wartet elf Stunden auf Behandlung

Gennadi Minin kommt mit dem Verdacht auf Herzversagen ins EVK. Doch die Ärzte seien völlig überlastet gewesen.

Düsseldorf. Gennadi Minin ist Physiotherapeut. "Sie wissen ja, wie Mediziner sind", sagt seine Frau. "Die gehen erst zum Arzt, wenn man sie schon hintragen muss." Am 9. Februar konnte sich der 55-Jährige jedoch nicht mehr wehren. Sein Hausarzt schickte ihn ins Evangelische Krankenhaus (EVK) - sein Körper war aufgeschwemmt vom Wasser im Gewebe, seine Lippen und Hände blau. Verdacht auf ein Herzversagen. Um 13 Uhr sind die Minins in der Klinik. Erst fast zwölf Stunden später, sagt Gennadi Minin, wurde er von einem Arzt behandelt.

Jüngst haben Videos aus amerikanischen Kliniken für Aufsehen gesorgt, in denen Patienten gezeigt werden, die nach teils 24-stündiger Wartezeit zusammenbrechen. Dass es ähnliche Szenen in deutschen Krankenhäusern geben kann, scheint undenkbar. Doch das Ehepaar Minin will es erlebt haben.

"Es waren an diesem Tag wahnsinnig viele Menschen mit Herzproblemen da", berichtet Katharina Minin. Ein Mann habe mit einem EKG-Gerät auf den Knien im Wartezimmer gesessen. Auf Nachfrage sagte er, er habe einen Herzinfarkt, ein Bett sei aber nicht mehr frei. Für einen anderen Mann, der sich nicht auf den Beinen halten konnte, habe es keinen Rollstuhl gegeben. Katharina Minin: "Wenn er zur Toilette musste, ließ er sich auf den Boden gleiten und ist mühsam vorwärtsgerobbt."

Nach fast fünf Stunden seien bei Gennadi Minin zumindest ein EKG und eine Blutprobe gemacht worden. "Aber es hieß, man könne dazu nichts sagen. Das müsste ein Arzt tun", sagt der Mann. Nach über elf Stunden sei er schließlich von einem Internisten untersucht worden.

"Den Ärzten kann man keinen Vorwurf machen", glaubt Katharina Minin. "Sie waren völlig überlastet. Der Arzt sagte uns auch, unter diesen Bedingungen könnte man kaum arbeiten." Ein Bett habe es noch immer nicht gegeben. Nach einer Spritze zur Entwässerung gegen sein Lungenemphysem fährt Gennadi Minin um 2 Uhr nach Hause. Und am nächsten Tag zur Behandlung ins Augusta-Krankenhaus.

Dieter Gurschke, Leiter der Inneren Verwaltung am EVK, bestätigt: "An diesem Tag war die absolute Hölle los." Ein einzelner Arzt habe 15 bis 20 Patienten "in der Warteschleife" gehabt.

Parallel sei ein Notarztwagen mit einem beatmeten Patienten eingetroffen. Doch die Intensivstation war voll, es habe Stunden gedauert, eine andere Klinik für den Notfall zu finden.

"In den Notaufnahmen ist of viel los. Aber es ist nicht tragbar, dass ein Akutpatient zwölf Stunden wartet", sagt Kai Vogel, Gesundheitsreferent der Verbraucherzentrale. Auch er sieht die Verantwortung nicht bei den Ärzen. "Das ist sicher ein Organisationsproblem. Es muss ausreichend Personal da sein." Es handele sich aber nicht um ein generelles Problem in Düsseldorf: "Solche Wartezeiten sind nicht die Regel."

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