Die Schadowstraße Geschäftsaufgabe: Der Endspurt bei Bornemeyer beginnt

Nachdem bekannt wurde, dass das Textilhaus nach 89 Jahren schließt, rennen die Kunden Karin Bornemeyer die Tür ein.

Die Schadowstraße: Geschäftsaufgabe: Der Endspurt bei Bornemeyer beginnt
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Es wird ein fröhliches und zugleich ein sehr trauriges Jahr 2017 für Karin Bornemeyer. Fröhlich, weil sie und ihr Mann Goldene Hochzeit feiern werden. Und traurig, weil sie das Geschäft, das sie von dessen Eltern übernahm, nach genau 89 Jahren und einem Monat schließen wird. Von Untergangsstimmung ist derzeit im Textilhaus Bornemeyer an der Schadowstraße aber nichts zu spüren. Seit der bevorstehende Abschied publik wurde, rennen die Kunden Karin Bornemeyer und ihrem Team die Türen ein. Auch die, die lange verschwunden zu sein schienen.

„Wir machen hervorragende Umsätze“, sagt die Inhaberin nach den ersten Tagen des Weihnachtsgeschäfts. „Jetzt kommen sie alle angerannt.“ Eine Frau habe wie bei einem Hamsterkauf fast panisch 100 Damen-Slips erstanden, eine andere brachte Blumen, weit mehr als eine weinte. „Wir werden vermisst“, glaubt Karin Bornemeyer. Das Problem: Jahrelang hatte sie ihre Kunden vermisst.

Seit der Laden 2008 zunehmend hinter Baustellen-Baken und Staub verschwunden sei, habe sie den Umsatzrückgang gemerkt, sagt die Geschäftsfrau. Gleichzeitig blieben die Angebote potenzieller Mieter aus, die in der Vergangenheit immer scharf auf die Räume an der bekannten Einkaufsstraße gewesen waren. Und auch auf Unterstützung von Seiten der Stadt wartete Karin Bornemeyer vergebens: „Da kriegten wir keine Hilfe.“ Irgendwann interessierte sich dann die Drogeriekette Rossmann für das Gechäft. „Und wir mussten eine Entscheidung treffen.“

Das tat sie schweren Herzens. Vor allem wegen ihrer 40 Mitarbeiter. „Sie hatten damit nicht gerechnet“, weiß die Chefin. 38 Frauen und zwei Männer sitzen ab April auf der Straße — gleichwertige Jobs zu finden, sei fast unmöglich. Eine Frau, berichtet Bornemeyer, weine seit Bekanntgabe des nahenden Endes ständig während der Arbeit. Mehr als 40 Jahre sei sie schon dabei. „Ich glaube, sie ist mit 18 gekommen. Das hier ist ihr Zuhause.“ Drei Mitarbeiter klagten gegen die Entlassung — erfolglos.

Das Personal war aber auch der Hauptgrund, warum Karin Bornemeyer keine Perspektive mehr für die Zukunft nach den Baustellen sah. „Ich bekomme keine Berater mehr“, erklärt sie. Verkäuferinnen, die Frauen für den Kauf eines BHs noch komplett und kompetent vermessen. „Das will keiner mehr machen.“ Und eben mit dieser Beratungsqualität sei man bislang gegen die Internet-Versandhäuser angekommen.

Ohnehin haben Bornemeyers zwei Töchter keinerlei Ambitionen, in die Textilbranche einzusteigen und den Betrieb zu übernehmen. „Ich hätte dieses Leben auch nicht für sie gewollt“, erklärt die Mutter. „Ich habe immer von Montag bis Samstag gearbeitet. Bücher lesen konnte ich immer nur im Urlaub.“ Das zumindest dürfte sich ab 31. März ändern — dann schließt ihr Geschäft seine Türen für immer. Karin Bornemeyer hütet zwar strikt das Geheimnis ihres Alters — verrät aber doch: Zeit für die Rente ist es jetzt.

Ab Mitte oder Ende Februar beginnt der Räumungsverkauf. Ab April wird dann umgebaut, verschwinden die Rolltreppen, wird der Durchgang vom Erdgeschoss in die erste Etage geschlossen. Rossmann bezieht dann ab Juli 1000 Quadratmeter unten mit seinem kompletten Sortiment. Im Geschoss darüber — das Haus gehört der Familie Bornemeyer — entstehen wie in den beiden Etagen darüber Büroräume.

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