Gemeinde lässt Mitglieder frieren

Um Kosten zu sparen, bleibt die Heizung in der Stephanuskirche aus — auf Probe.

Düsseldorf - Wersten. Pünktlich zum Wintereinbruch hat die Stephanusgemeinde ihre Ankündigung wahr gemacht — und die Heizung runtergedreht. Die stolze Summe von 6000 Euro musste die Gemeinde im letzten Jahr an Heizkosten zahlen. „Auch die Kirchen müssen sparen“, sagt Kirchmeister Martin Scheier. Die Heizkosten steigen, während die Kirchensteuer zurück geht. Im nächsten Jahr voraussichtlich um 16 000 Euro.

Am Sonntag sitzen die Gläubigen erstmals mit langen Mänteln, Schals und Wollmützen auf den Bänken — bei 17 Grad. Einige Gemeindemitglieder wollen es ganz genau wissen, kontrollieren die Temperatur auf mitgebrachten Thermometern. Die Kälte beginnt sofort durch die Kleidung zu kriechen. Nach einer halben Stunde ist sie auf der Haut angekommen.

Immerhin, nach der Messe gibt es heißen Kaffee und Tee für alle. Mit dem Projekt „Winterkirche“ will die Werstener Gemeinde dem Kostendruck gegensteuern — vorerst nur für eine Heizperiode, um zu sehen, ob es sich bewährt. Grundsätzlich haben viele Kirchen das gleiche Problem: Bautechnisch betrachtet sind die Sakralbauten nichts anderes als große Hallen. Die Stephanuskirche hat eine Deckenhöhe von fast zwanzig Metern. „Da können wir nicht so sitzen, als ob wir zu Hause im Wohnzimmer wären“, sagt Scheier.

Für Helmut Pohl ist die Einführung der Winterkirche keine segensreiche Neuerung. „Ich will mich im Gottesdienst auch ohne Mantel und Fußsack wohlfühlen“, sagt er. Wenn es ihm in seiner Heimatgemeinde zu kalt wird, werde er zum Gottesdienst in die Johanneskirche fahren. Die sei zwar durchgängig beheizt, auf das Gemeindeerlebnis müsse er dann aber bis zum nächsten Frühjahr verzichten. „Und den Gemeindehaushalt sanieren wir so mit Sicherheit auch nicht“, gibt Pohl zu bedenken.

In einem Punkt sind sich Kritiker wie Befürworter der Sparmaßnahme einig: Die Orgel darf nicht unter der Kälte leiden, sonst geht die gut gemeinte Sparmaßnahme nach hinten los. „Wir stehen in Kontakt mit dem Orgelbauer in Berlin“, beruhigt Kirchmeister Scheier. Auch kühlere Temperaturen halte das wertvolle Instrument aus. Gefährlich seien aber vor allem Temperaturschwankungen, weshalb Luftfeuchtigkeit und Temperatur ständig beobachtet würden.

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