Düsseldorf-Rath Gelände am Mühlenbroich: Schausteller in Schusslinie der Politik

Die Halle der Familie Maus liegt auf der Schutzzone einer Gasleitung und soll weichen.

Düsseldorf-Rath: Gelände am Mühlenbroich: Schausteller in Schusslinie der Politik
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Immer wieder beschäftigen sich Bezirksvertreter im Rather Rathaus mit dem Schausteller-Gelände am Mühlenbroich. Dabei fallen Worte von einer „illegal errichteten Gewerbehalle“, vom „Gewerbe ohne Genehmigung“. Die Polizei stempelte bei einer Razzia von 2013 die Schausteller als Kriminelle ab. Die WZ hat sich auf dem Gelände umgeschaut.

Paul Maus (76), Senior der Familie, ist in Hannover geboren, wie seine Großeltern. Er kam 1959 nach Düsseldorf und lebt seitdem hier. „Ich bin Deutscher und habe mir noch nie etwas zu Schulden kommen lassen“, erklärt er im WZ-Gespräch.

Maus musste als Schausteller mehrmals umziehen. So verließ er die Sankt-Franziskus-Straße, als dort eine Brücke gebaut wurde. 15 Jahre lag sein Quartier an der Selbecker Straße auf städtischem Gelände, das verwertet werden sollte. 1999 wechselte der Betrieb zum Mühlenbroich. Dass das Areal nicht illegal besetzt wurde, bestätigt der pensionierte Bezirksverwaltungsstellenleiter Heinz G. Strerath auf Anfragen: „Politiker und Verwaltung waren froh über die Umsiedlung, denn an der Autobahn war nichts los. Dort konnten die Schausteller niemanden stören.“

Die Familie Maus betreibt kein illegales Gewerbe, sondern hat Gewerbekarten und zahlt Steuern. Paul Maus gab den Betrieb inzwischen aus Altersgründen an die Söhne Zandy und Maikel ab. Monstertrucks betreiben sie nicht mehr. Diese Sparte wurde aufgegeben, als die Polizei mit 300 Beamten die „Monstertruck-Mafia“ stürmte und drei Personen festnahm, darunter einen Mitarbeiter von Mannesmann. Die Missetäter, die gemeinsame Sache gemacht hatten und Schrott vom Mannesmann-Gelände an Metallhändler verkauften, haben ihre Taten inzwischen verbüßt. Paul Maus meint: „Ein gebranntes Schaf macht nicht die ganze Herde.“

Die Familie Maus hat 45 Mitglieder. Mit der Familie Lemoine auf dem Nachbargrundstück Oberhausener Straße sind es knapp hundert Menschen, die hier leben. Sie unterhalten Fahrgeschäfte und Imbiss-Stände. Die Trucks wurden abgegeben.

In einer Gewerbehalle lagert Arbeits- und Handwerksmaterial. Bezirksvertreter Gerhard Peters (CDU) meint, sie stehe dort illegal, es gebe keine Baugenehmigung. Die SPD im Stadtbezirk versieht diese Behauptung allerdings mit einem Fragezeichen. Die Halle bildet insofern ein Problem, als in ihrer Nähe die Ferngasleitung der Betreibergesellschaft Open Grid liegt. Der Vorgänger Eon hatte sie genehmigt und abgenommen. Sie liegt nicht auf der Gasleitung, wie eine Düsseldorfer Zeitung behauptet, sondern mit wenigen Zentimetern auf einem vier Meter breiten Schutzstreifen. Deshalb muss die Stadt als Grundstückseigentümerin das Gelände auf eigene Kosten frei machen. Mündlich erklärte Bezirksverwaltungsstellenleiter Ralf Hagelüken, in einem weiteren Verfahren solle versucht werden, die Kosten von den Verursachern zurückzufordern.

Früher konnten Spaziergänger vom Mühlenbroich zur Oberhausener Straße laufen. Dieser Durchgang ist heute gesperrt, weil dort die Laster der Schausteller stehen. Der Mühlenbroich endet daher als Sackgasse. Auf Wunsch der Polizei, die das Gebiet leichter kontrollieren will, soll es eine Durchfahrt geben. Nur: Die Trasse würde auf dem Gelände der Schausteller liegen.

Hierzu Paul Maus: „Wir haben bis 2024 Pachtverträge, mit dem Recht der Verlängerung. Wir mussten die Selbecker Straße verlassen und wurden mit einer gewissen Geldsumme entschädigt. Dieses Geld hat uns die Stadt auf die Häuser angerechnet, die wir abbezahlt haben und in denen wir jetzt wohnen. Wir wären nie hierhin gezogen, wenn wir unsere Fahrzeuge nicht abstellen könnten. Wir haben eine Schwertransportfläche. Wenn uns die Stadt dieses Gelände für den Bau einer Straße wegnimmt, wäre sie vertragsbrüchig.“

Die Betreibergesellschaft Open Grid pocht gerichtlich auf das Freihalten des Schutzstreifens ihrer Gasleitung. Die Stadt muss also handeln. Die Ersatzfläche liegt quasi nebenan in der sogenannten Wagenburg am Mühlenbroich, einer paradiesischen Idylle im Grünen. Dort hatte sich Klaus Kunz vor 27 Jahren häuslich niedergelassen. Inzwischen besitzt er außer einem Bauwagen auch ein Holzhaus und eine offene Küche. Derzeit leben dort zehn Menschen. Einer hat sich eine abenteuerlich wirkende Bude gebaut. Es gibt sogar einen geschmückten Weihnachtsbaum.

Hier brachte das Liegenschaftsamt am 25. April einen Aushang an, dass das Gelände binnen einer Woche zu räumen und frei zu machen sei. Eine Rechtsanwältin brachte prompt die Brutzeit der Vögel sowie eine fehlende Rechtsgrundlage ins Spiel, so dass die Bauwagen-Besitzer eine Räumungsfrist von mindestens sechs Monaten haben.

Nun aber fragt die FDP, ob man die Grün- und Freifläche am Mühlenbroich nicht besser dem Wohnungsmarkt zufügen sollte. Dies lehnt die Verwaltung strikt ab. Sie will dort die Schaustellerhalle aufstellen, wenn nicht sogar auch den Lastwagenpark. Ob dies sinnvoll sei, wagt die CDU zu bezweifeln.

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