Düsseldorf Schauspielhaus als Kongresszentrum? Kritik an Geisel-Idee

In seinem Video-Blog spricht der OB darüber, ob der Bau am Gründgens-Platz auch anders genutzt werden kann.

Düsseldorf: Schauspielhaus als Kongresszentrum? Kritik an Geisel-Idee
Foto: Screenshot

Düsseldorf. „Es gibt eine neue Aufreger-Diskussion in unserer Stadt.“ Mit diesen Worten beginnt Oberbürgermeister Thomas Geisel in seinem neuesten Video-Blog eine neue Aufreger-Diskussion. Nachdem er zuletzt schon einen Abriss und originalgetreuen Wiederaufbau des denkmalgeschützten Schauspielhauses ins Gespräch gebracht hatte, stellt er nun die Frage, ob das Schauspielhaus unbedingt fürs Theater genutzt werden müsse.

Den zentralen Satz sagt Geisel mit dem Schauspielhaus im Hintergrund in die Kamera: „Brauchen wir diesen Standort für das Schauspielhaus?“ Gegenüber dem Express wurde der Oberbürgermeister Dienstag am Rande der Tour de France-Präsentation in Paris noch deutlicher: „Es ist so, dass auch viele sagen, im Central ist das Schauspiel auch gut untergebracht. Wir dürfen keine Denkverbote haben. Vielleicht gibt es einen Investor, der im Schauspielhaus ein Kongresszentrum oder ähnliches errichtet.“

Bürgermeister Günter Karen-Jungen (Grüne) äußerte sich von Paris aus gegenüber der WZ ähnlich: „Natürlich ist es denkbar, dass man im Schauspielhaus auch andere Dinge macht.“ Und: „Vielleicht findet man ja jemanden, der die Sanierung mitfinanziert.“

Im Video argumentiert Geisel, dass die laufende Sanierung von Klimatechnik und Elektrik im Haus erst nur sechs Millionen kosten sollte, dann 11,5 Millionen — und inzwischen sogar 21 Millionen Euro. Ähnlich könne es mit der weiteren Sanierung laufen.

Wie berichtet, hatte das Schauspielhaus zusammen mit Stadt und Land eine Studie in Auftrag gegeben, um den weiteren Sanierungsbedarf zu ermitteln. Das Ergebnis liegt vor — und macht Geisel offenbar große Sorgen. Im Video sagt er, bei solchen Projekten könnten die Kosten leicht aus dem Ruder laufen und nennt Summen bis zu 70 Millionen Euro.

Aussagen mit Sprengkraft. Denn dass eine Stadt mit der Größe und Bedeutung Düsseldorfs ihr eigenes Theater in Frage stellt, ist in Deutschland wohl einmalig. Entsprechend heftig sind die Reaktionen.

Bruno Braun, Sprecher des Bundes Deutscher Architekten für Düsseldorf, reagiert auf Geisels Vorstoß mit einem lauten Lachen: „Ich glaube, ich bin auf dem falschen Dampfer. Ich habe nicht gedacht, dass der OB so ein Kulturbanause ist.“ Braun erklärt: „Das Schauspielhaus bildet zusammen mit dem Dreischeibenhochhaus und im Hintergrund der Hofgarten ein Ensemble, das für diese Stadt ein absolutes Zeichen ist, weltweit. Jeder kennt diese beiden Häuser. Sonst haben wir ja nichts. Und das will man einem Investor für ein Kongresszentrum geben? Das ist bescheuert. Das ist unglaublich.“

Auch FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus hat wenig Verständnis für Geisels Vorschlag: „Der Oberbürgermeister macht in der Kultur zurzeit eine sehr unglückliche Figur. Er muss aufpassen, dass er nicht zur tragischen Figur wird.“ Und er prophezeit: „In den überregionalen Zeitungen wird das eine Glosse.“ Neuenhaus erinnert zudem daran, dass „seit 2008 schon 60 Millionen Euro in das Schauspielhaus investiert wurden. Wir haben eine moderne Drehbühne, wir haben die Asbestsanierung gemacht, wir haben die Akustik gemacht.“ Eine andere Nutzung sei widersinnig.

Schauspielhaus-Intendant Wilfried Schulz wiederum reagiert zunächst mit einer Prise Ironie, wenn er sagt: „Ich glaube, Herr Geisel geht bewusst provokativ vor, um eine möglichst starke Gegenreaktion des Kultur-Bürgertums zu bekommen.“ Und dann fügt er ganz ernst hinzu: „Das wäre ein Präzedensfall in der Bundesrepublik, wenn ein zentraler Ort der Kultur so würdelos preisgegeben wird.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort