Gastro-Trend Kartoffel: Das Comeback der tollen Knolle

Verschiedene Konzepte in der Gastronomie setzen die Kartoffel ganz neu in Szene.

Gastro-Trend Kartoffel: Das Comeback der tollen Knolle
Foto: dpa

Sie sind einfach nicht auszurotten: Sowohl jene, die die Deutschen gerne als Kartoffel(fr)esser verunglimpfen, und solche, welche die Erdäpfel als indigene heimische Nutzpflanzen erachten. De facto belegt Deutschland mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 57 Kilo im Jahr lediglich einen hinteren Platz im europäischen Mittelfeld. Die Iren, Letten, Polen und sogar die Griechen futtern doppelt so viel. Ungekrönte Weltmeister sind allerdings die Russen, die es auf sagenhafte 250 Kilo Kartoffelkonsum pro Jahr (vermutlich inklusive Wodka) bringen.

Erst 11 000 Jahre nach seiner Entdeckung, ab 1756, wurde das Nachtschattengewächs auch in West- und Nordeuropa im größeren Stil als Nutzpflanze angebaut (siehe: Kleine Kartoffelkunde). Und nachdem die Kartoffel ihren großen Beitrag gegen den Hunger während der Weltkriege und im Nachkriegsdeutschland geleistet hat, ist der deutsche Kartoffelkonsum seit Jahren rückläufig.

In der kulinarischen Trendmetropole Düsseldorf setzen ein paar Gastronomen gegen den Trend wieder voll auf die olle Knolle. Während diese zumeist in unzähligen Beilagen-Varianten Verwendung findet, wird sie hier in den Mittelpunkt gestellt.

Die Renaissance der Ofenkartoffel begann 2016, als Anna Chyla und Carsten Reiners eine ehemalige Imbissbude auf der Friedrichstraße in eine Art Bauernladen mit Hightech-Küche (inklusive toller Kaffeemaschine) verwandelten. Und da sie eigentlich alles richtig gemacht hatten (regionale Produkte, Nachhaltigkeit, freundlicher Service, gemütliche Atmosphäre, ausgesuchte Getränke. . .), wird ihr ÄpelSchlaat seit der Eröffnung hoch frequentiert. Das Düsseldorfer Platt findet sich zwar bei vielen Speisenamen wieder (Ferkes- on Jeflöjelfleesch, Suer Kappes), auch Blutwurst (Himmel & Ähd) ist im Angebot, aber mit Brauchtum haben die beiden Twens trotz hiesiger Abstammung nicht viel zu tun. Die Gästeschar setzt sich aus Jung und Alt, Geschäftsleuten und jungen Müttern, Mittagspäuslern und Spätaufstehern zusammen.

Alleine die Knollen („Lekker Lievchen“), die aus Mönchengladbach und Wegberg kommen, schmecken zum Reinknien. Sie werden zu einer mit Butter, Käse und Kräutern verfeinerten Kartoffelmasse verarbeitet, in einem Konvektor warm gehalten und bei Bedarf wieder in ihre ausgebackenen Schalen gelöffelt. Es gibt sie in kleinen und großen Portionen, wobei bereits die kleinen für eine ausreichende Sättigung Sorge tragen können. Selbst Vegetarier und Veganer finden hier Top-Toppings zur weiteren Verfeinerung, etwa mit aromatischem Taboulésalat, getrockneten Tomaten und Pinienkernen. Fleischliebhaber wählen zwischen Pulled Pork, Geflügel und Gehacktem. Das Ganze gibt es auch in Wrap-Variationen. Quiches und (Kartoffel-) Salate gehören ebenfalls zum Standardrepertoire.

Stammgäste halten sich allerdings lieber an der Tageskarte: Omas Küche. Alles wird frisch und mit viel Liebe (zum Detail) angerichtet. Das Preisgefüge startet bei vier und endet bei zwölf Euro. Am 4. September kann man Anna und Carsten in der Düsseldorf-Ausgabe der TV-Serie „Mein Lokal, dein Lokal“ auf Kabel 1 als Gastgeber sehen.

In unmittelbarer Nachbarschaft hat der sympathische Laden kürzlich Konkurrenz bekommen. Der vietnamesische Groß-Gastronom Khan Nguyen verfügt nicht nur über ein Gespür für originelle Restaurant-Namen („Kamikaze Sushi“), sondern auch für kulinarische Trends. In den Düsseldorf Arcaden eröffnete er die neuste seiner bislang drei Baketato-Filialen. Die beiden anderen kleinen Systemgastronomie-Dependancen befinden sich strategisch gut platziert auf der Kö und in Pempelfort.

Auch hier herrscht zur Mittagszeit starkes Gedränge. Einer der Mitarbeiter teilt die Schlange in „Kartoffel“ oder „Schale“ auf. Erstere bestellen die ebenfalls mit Butter, Salz und Käse angereicherte, rund 300 Gramm schwere Baked Potato (in ihrer reinen Form für 2,40 Euro), die man mit verschiedenen Füllungen, Dips und zum Teil seltsamen Toppings (zerbrochenen Salzbrezel-Stückchen) beliebig aufmotzen lassen kann. Gehackte Petersilie, mildes Paprika- oder verschärftes Currypulver liegen kostenlos zur Selbstbedienung bereit.

Die üppigere Schalen-Variante besteht aus gekochten Drillingen, die man mit der gleichen Wahlfreiheit oder in den „Spezialitäten“-Formen (z.B. „Mexico“: Chili con carne, Chili-Creme, Guacamole, Nachos, Jalapenos, 5,50/6,50 Euro) ausgehändigt bekommt. Vegetarier und Veganer haben es hier etwas schwerer. Dafür ist das Holzbesteck lobenswert, die Getränkeauswahl (Saftschorlen) aber weniger als dürftig. Das Konzept lädt nicht zum längeren Verweilen ein, sondern ist auf den schnellen, aber gesunden Mittags-Snack oder zum Mitnehmen zugeschnitten.

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