Garath: Geschichten aus Düsseldorfs ungeliebten Anhängsel

Beim Viertel-Rundgang wurden Geschichten jenseits des schlechten Rufs erzählt.

Garath: Geschichten aus Düsseldorfs ungeliebten Anhängsel
Foto: Melanie Zanin

Die Bloggerin und Journalistin Alexandra Wehrmann hatte lange in ihrem Heimatstadtteil Oberbilk mit dessen zweifelhaftem Ruf zu kämpfen und veranstaltete daher einige Rundgänge, um einen ausgewogeneren Eindruck zu vermitteln. Auf den Geschmack gekommen, wollte sie nun mit Garath das nächste ungeliebte Viertel erforschen, um Klischees zu hinterfragen, und die Bewohner, die sich in ihrem Viertel engagieren, selbst zu Wort kommen zu lassen. Trotz des wechselhaften Wetters fanden sich gestern rund 40 Leute bei Wehrmanns erstem Rundgang durch Garath ein. Rund zwei Drittel davon kamen von außerhalb.

Zu Beginn kam eine bekannte Persönlichkeit Garaths zu Wort. Der Anwalt Volker Götz arbeitete dort 40 Jahre lang und erzählte von der jüngeren Geschichte: „Garath war immer durch Migration geprägt.“ In heutiger Form gebaut, um Vertriebenen aus ehemaligen Ostgebieten eine neue Heimat zu bieten, siedelten sich hier später auch „Gastarbeiter“ aus Italien und der Türkei, dann Flüchtlinge aus den Diktaturen Chile und Eritrea, aus Osteuropa, und in jüngerer Zeit auch aus Syrien an. Als Anwalt war er auch mit den Problemen eines solchen Schmelztiegels konfrontiert und verteidigte in Fällen von Jugendkriminalität und Drogenhandel. Damals wie heute ist er aktiv im Kampf gegen den Rassismus im Garath, wo die AfD bei der Bundestagswahl 19 Prozent der Stimmen bekam.

Erfahrungen mit rechter Gewalt hat auch der 44-jährige Ur-Garather Dieter Nowatius gemacht: „Wenn man hier mit seiner Punkband probt, wird man schon mit pöbelnden Neonazis konfrontiert.“ Dennoch ist er sehr heimatverbunden und ist, anders als die meisten seiner ehemaligen Mitschüler, nicht weggezogen. Er realisiert hier seine Kunstprojekte, wie sein Hörspiel „Blinnekou“, in dem er futuristische Geräusche mit Alltagsgegenständen wie Tröten oder Handfegern improvisiert.

Oft beschwerten sich die einheimischen Teilnehmer über den schlechten Ruf, den Garath durch seine abgelegene Lage habe und weil oft die unguten Seiten in der Öffentlichkeit stark gemacht würden. „Die Garather sind schnell misstrausch“, erklärt Götz’ Frau den Teilnehmern, die nicht aus Garath kommen. Doch diese Verteidigungshaltung der Garather sorgt auch für einen besonderen Zusammenhalt. Als die Fotografin Merle Forchmann im Zuge des Rundganges ihren Plan von einem mehrteiligen Bildband mit Artikeln zu den Menschen Garaths vorstellte, scharten sich gleich mehrere Leute um sie, weil sie ihr Kontakte zu interessanten lokalen Persönlichkeiten vermitteln wollten. Dementsprechend froh sind sie über die Initiative Wehrmanns, auch diese Aspekte Garaths vorzustellen, und hoffen auf eine Wiederholung. Wann und ob sie stattfindet, wird auf folgendem Blog bekannt gegeben:

theycallitkleinparis.de/

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