Fifty-Fifty-Verkäufer zeigen ihr Düsseldorf

Der neue Stadtrundgang thematisiert das Leben auf der Straße. Bei den Teilnehmern kommt die Tour gut an.

Düsseldorf. „Ihr könnt uns fragen, was ihr wollt. Wir beißen nicht, wir riechen nur streng“, gibt Fifty-Fifty-Verkäufer Armin Geißler den Teilnehmern am Anfang seiner Stadtführung „Straßenleben“ gleich klar zu verstehen. Eine von ihnen ist Edeltraud Winkler, die das Straßenmagazin seit vielen Jahren liest.

„Als ich davon hörte, dass Fifty-Fifty eigene Rundgänge anbieten will, war ich sofort begeistert von der Idee. Eine tolle Möglichkeit, mal hinter die Kulissen zu blicken und einen anderen Blickwinkel auf die Stadt zu bekommen“, freut sich die Rentnerin. Auch dass so viele jüngere Leute an dem Thema Interesse zeigen und zur Führung gekommen sind, findet sie klasse.

Die beiden Stadtführer Armin Geißler und Martin Paul verkaufen die Straßenzeitung schon seit über zehn Jahren und reden während des Rundgangs sehr offen über den Alltag von obdachlosen und armen Menschen in Düsseldorf. Es geht um Nächte in der Notschlafstelle, Flaschenangriffe, Entzugsprogramme und vieles mehr.

Beide haben ein sehr bewegtes Leben hinter sich, auf und abseits der Straße. Martin Paul lebt seit Mitte April wieder in einer eigenen Wohnung, Armin Geißler arbeitete Anfang des Jahres wieder in seinem alten Beruf als Koch, wurde nach der Probezeit aber wieder gefeuert.

Bei den Teilnehmern kommt die Führung sehr gut an. Pädagogin Julia Teske findet es gut, wenn Stadtführungen mit gängigen Klischees über Düsseldorf aufräumen. „Viele denken, jeder Düsseldorfer wäre reich und hochnäsig. Es wird viel dafür getan, Obdachlose hier unsichtbar zu machen. Umso wichtiger ist es, auch auf andere Seiten der Stadt aufmerksam zu machen“.

Orte wie der Straßenstrich auf der Charlottenstraße oder Drogen-Treffs, bei denen während der Führung Halt gemacht wird, schrecken sie nicht ab. „Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse. Mir war jedoch nicht bewusst, dass es so viele Anlaufstellen für Obdachlose gibt. Das hat mich positiv überrascht“.

Robin Nickel schreibt gerade seine Bachelorarbeit zum Thema Obdachlosigkeit und kennt viele Vorurteile, die es über Menschen, die auf der Straße leben, gibt. „Die sind alle dreckig und faul, so denken viele. Ich finde es deshalb gut und wichtig, das solche Führungen mit diesem Unsinn aufräumen und zeigen, wie es wirklich ist.“

Besonders beeindruckt ist der Student davon, wie organisiert die beiden Stadtführer ihr Leben unter schwierigen Bedingungen zu meistern versuchen. „Im Zuge meiner Abschlussarbeit habe ich schon einige Gespräche mit FiftyFifty-Verkäufern geführt, die mir sehr geholfen haben. Städtische Initiativen sind oftmals bei weitem nicht so kooperativ.“

Edeltraud Winkler gefällt besonders, wie offen und unverblümt die beiden Stadtführer miteinander umgehen. „Man merkt, dass sich die beiden schon lange kennen. Dieser Schlagabtausch lockert das ganze auf und bringt einem die Thematik noch viel näher“.

Für sie hat sich der Rundgang definitiv gelohnt, und auch Johannes Dörrenbächer, der das Projekt zusammen mit dem Zakk organisiert, ist sehr zufrieden mit der Premiere. „Wegen des großen Interesses haben wir heute statt einer gleich zwei Führungen angeboten. Die nächste Führung in zwei Wochen ist bereits ausverkauft“. Es werden in Zukunft sicher noch viele weitere folgen.

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