Düsseldorf Facebook: Wie viel Privates darf es sein?

Vor allem für Politiker ist die Versuchung groß, durch private Informationen die Beliebtheit zu steigern. Ein schmaler Grat.

Düsseldorf: Facebook: Wie viel Privates darf es sein?
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Politiker sollen uns gut regieren. Aber wollen wir auch wissen, was sie privat so treiben? Mit welchen Menschen sie Umgang haben? Ob sie gern mal einen trinken? Welche Musik sie hören? Wo sie gerne Urlaub machen?

Wer sich dafür interessiert, der braucht kein Klatsch-Blatt, der wird im sozialen Netzwerk Facebook einfach und gut bedient. Denn viele Politiker veröffentlichen dort Privates. Und manchmal auch allzu Privates.

Den SPD-Ratsherrn Gerd Blatz etwa (der u.a. die Filme „Matrix“ und „Titanic“ mag) kann man dort sehen, wie er im Kreise von Freunden Silvester feiert. CDU-Kollege Klaus Mauersberger (ein „Like“ hat er für die Sängerin Petra Schwar übrig) hat Bilder aus seiner Jugend im Angebot. Clara Gerlach von den Grünen sehen wir auf einem Bild bei einer Party mit einem Glas Bier. Von FDP-Ratsherr Rainer Matheisen erfahren wir, dass er seine Freizeit gerne bei „Bingo mit Basti“ in der Oberbilker Kneipe Kassette verbringt. Und dann gibt es da noch das Profil einer CDU-Frau, das offensichtlich aufgenommen wurde, als sie in einem Schwimmbecken planschte.

Muss so etwas wirklich sein? Kann Privates nicht einfach Privates bleiben? Könnte man meinen. Doch so einfach ist die Sache nicht, jedenfalls nicht für Politiker. „Fakt ist, dass soziale Netzwerke über Emotionen funktionieren. Wenn ich dort als Politiker immer nur Sachaussagen poste, dann interessiert das keinen Menschen“, sagt der Politologe und freie Journalist Frank Überall, der auch Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes ist. „Wenn ich die Botschaft emotionaler gestalte, gegebenenfalls auch mit einem schönen Foto, wirkt das schon ganz anders.“ Das freilich sei für Politiker „ein ganz schmaler Grat“, denn dieser Mechanismus verführe dazu, „Likes“ (also Zustimmung) dadurch „einzufangen, dass man ins Private geht. Aber das Private kann eben auch politisch sein.“

Aus diesem Grund achten viele Düsseldorfer Kommunalpolitiker genau darauf, in welchem Kreis sie etwas posten (neudeutsch für: „Botschaften in soziale Netzwerke schreiben“). Denn es ist durchaus möglich, ein Foto so bei Facebook hineinzustellen, dass nur Freunde es sehen können, nicht aber jedermann. Davor freilich warnt Frank Überall: „Man muss immer damit rechnen, dass so etwas trotzdem öffentlich auftaucht. Man kann solche Fotos ja kopieren. Es gibt deshalb keine Sicherheit, dass sie nicht irgendwann in einem anderen Zusammenhang doch noch veröffentlicht werden. Im Internet ist nichts geheim.“

Vielleicht deshalb sind manche Politiker auf Facebook auch sehr zurückhaltend unterwegs. Bei der CDU-Bundestagsabgeordneten Sylvia Pantel (56) etwa finden sich im öffentlichen Bereich fast keine Beiträge — und auch diese wurden nicht einmal von ihr selbst gepostet. Noch weniger zu sehen gibt es nur noch bei ihrem Parteifreund Christian Rütz (38). Auf Nachfrage begründet der Ratsherr das so: „Ich habe keinen so großen Mitteilungsdrang, außerdem glaube ich nicht, dass sich die Öffentlichkeit für meine Privatfotos interessiert.“ Rütz hat aber noch einen handfesten anderen Grund: „Auch mein Beruf als Richter verlangt eine gewisse Zurückhaltung.“

Ganz anders macht es Ratsfrau Clara Gerlach (40) von den Grünen. Sie postet immer alles für alle — und macht keine Unterscheidung zwischen Freunden, Kollegen oder anderen Politikern. „Ich poste, was ich interessant finde. Das wird nicht sortiert, ich bin ja auch nur eine Person.“ Experte Überall findet diese Strategie richtig: „Das ist authentisch.“ Wobei Clara Gerlach in beiden Bereichen — im Privaten wie im Politischen — strikte Grenzen zieht. „Was ich nicht poste, sind bloße politische Verlautbarungen.“ Und auf der anderen Seite kommen ihre beiden Kinder „bei Facebook nicht vor. Ich will die da nicht reinziehen.“

Etwas anders macht das zum Beispiel der CDU-Ratsherr Pavle Madzirov, dessen Kinder hin und wieder bei Facebook zu sehen sind — aber immer nur von hinten. Auch das zeigt: Inzwischen achten viele Politiker sehr genau darauf, wie viel Privates sie von sich preis geben. Von Oberbürgermeister Thomas Geisel etwa ist ausschließlich Beruflich-Politisches zu finden. Seine offizielle Facebook-Seite wird auch professionell gemanagt. Das hat freilich Seltenheitswert. „Das professionelle Organisieren der sozialen Netzwerke ist in den Parteien noch wenig ausgeprägt“, sagt Frank Überall. „Auf kommunaler Ebene gibt es kaum Experten. Und selbst auf Landesebene gibt es nur wenige so genannte Social-Media-Manager.“ Vor allem fehle ein Gefühl dafür, dass es nicht reiche, einmal etwas ins Netz zu stellen. „Die Profile und Seiten müssen gepflegt werden. Wenn Sie einen Shitstorm auf Ihrer Seite haben und merken das drei Tage nicht, dann haben Sie ein Problem.“

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