Erst Germanist, dann erfolgreich

Wie nutzlos ist ein Studium der Geisteswissenschaften? Absolventen haben mehr Realitätssinn als viele ihnen zutrauen.

Düsseldorf. Eine schallende Ohrfeige für alle Germanisten muss die Bemerkung von Axel Fuhrmann sein. Wie die WZ am Dienstag berichtete, hatte er in einer Pressekonferenz zum Ausbildungsmarkt die steigenden Zahlen der Germanistikstudenten so kommentiert: "Was haben die denn für eine Perspektive? So viele Taxifahrer jedenfalls werden nicht gebraucht."

5895 Studenten der Geisteswissenschaften sind an der Heinrich-Heine-Universität eingeschrieben, rund die Hälfte davon studiert Germanistik (deutsche Sprache und Literatur), die Zahl der Erstsemester ist in diesem Wintersemester von 345 auf 521 gestiegen.

Zu viele, wie Fuhrmann meint. Er ist Geschäftsführer der Handwerkskammer und hat regelmäßig auch mit ehemaligen Studenten zu tun. "Sie kommen mit 23 Jahren zu uns, beginnen eine Lehre und können nichts anderes vorweisen als ein abgebrochenes Studium."

Fuhrmann selbst hat Geographie und Geschichte studiert, wollte Lehrer werden, hat aber schließlich doch einen anderen Weg eingeschlagen. "Ich habe Lehramt studiert, obwohl mir alle prophezeit haben, dass ich keinen Job finden würde."

Er verurteile nicht diejenigen, welche ihrer Neigung folgten. Aber: "Angesichts einer Abbrecherquote an den Hochschulen von 30 Prozent sollten junge Leute wissen, worauf sie sich einlassen. Mit der Einstellung ,irgendwas mit Medien’ kommt man nicht weiter."

So viel Naivität kann Ulrich Welbers, Germanist an der Heine-Uni, bei seinen Studenten nicht entdecken. "Die jungen Leute wissen heute viel eher als wir früher, was sie einmal werden wollen. Sie arbeiten als Berater in Banken und Versicherungen."

Das bestätigt auch Raimund Schouren, Berater für Hochschulabsolventen bei der Agentur für Arbeit. "Wenn Geisteswissenschaftler flexibel sind, können sie es in der Industrie schaffen."

Allerdings seien viele in ihrer Zukunftsplanung unsicher. "Es gibt heute keine selbstverständliche Berufszuordnung mehr für Germanisten wie früher etwa den Verlagslektor", sagt Ulrich von Alemann, Prorektor der Heine-Uni. "Um den Blick für andere Bereiche zu öffnen, haben wir ein Programm mit Praxisbezug entwickelt", sagt von Alemann.

Wie viele davon letztlich doch bei ihm landen, vermag auch Dennis Klusmeier von der Taxiinnung nicht zu sagen. "Wir zählen das nicht, aber es gibt sie noch. Jedoch sinkt die Zahl der Akademiker. Das liegt daran, dass sie heute als Kellner mehr verdienen als als Taxifahrer."

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