EMS: Fit werden mit Kabelsalat

Die Elektronische Muskel-Stimulation ist der neueste Trend auf dem Fitnessmarkt. Was die Reizstrom-Trainingsmethode wirklich taugt, verrät ein Selbsttest.

Düsseldorf. Ich habe mich jetzt zehn Minuten nicht von der Stelle bewegt — und schwitze. „Einen mehr noch.“ Meine Personal-Trainerin Anneke Liebrecht sagt ihren Lieblingsspruch und drückt auf die Knöpfe am Reizstrom-Regler. Für genau 3,5 Sekunden lässt sie meine Muskeln noch einmal zittern, während ich eine letzte Kniebeuge mache, es folgen 2,5 Sekunden Entspannung.

Elektronische Muskel-Stimulation, kurz EMS, ist der neueste Schrei auf dem Fitnessmarkt. Abnehmen, ohne sich wirklich zu bewegen. 20 Minuten Training sollen so effektiv sein wie viermal „Eisenfressen“ im Studio — ist das der endgültige Sieg der Faulheit?

Zur Begrüßung drückt Anneke mir im Mikro-Studio an der Kaiserstraße eine Ganzkörper-Fahrradhose mit Druckknöpfen in die Hand. Als ich in diesem Dress, Marke Presswurst, ins Studio komme, macht die Trainerin mich nass. Lauwarmes Wasser, sorgt dafür, dass die Elektroden gut leiten und ich besser leide. Beine, Arme, Brust, Bauch — alles wird verkabelt.

Als Anneke die Stromstärke einstellt und ich zum ersten Mal das Kribbeln spüre, erschrecke ich. Da der Strom meine Muskeln kontrahieren lässt, bleibt mir erst einmal die Luft weg. „Atmen nicht vergessen“, sagt sie und nach ein paar Minuten habe ich mich an mein elektrisches Korsett gewöhnt. Jetzt wird jede einzelne Muskelgruppe mit einfachen Übungen trainiert. Ohne den Reizstrom käme ich mir beim Armbeugen wohl komisch vor, doch mit Kribbeln fließt der Schweiß in Strömen.

Kerstin Metz, Chefin des Vital-Body-Concept-Studios, sagt: „Noch sind Frauen in der Überzahl beim EMS.“ Männer trauen sich nicht so richtig. Die stehen eben noch mehr aufs Gewichte stemmen. Doch gerade in diesen Tagen, wo Zeit knapp und Fitness ein Statussymbol ist, haben EMS und andere elektronisch unterstützte Trainingsformen, wie mit einer Vibrationsplatte, Hochkonjunktur. Schließlich kann man so in der Mittagspause noch eben schnell etwas gegen den Winterspeck unternehmen.

Dass Strom im Körper gesund sein kann und gute Trainingseffekte bewirkt, haben Studien der Sporthochschule Köln nachgewiesen. In der Reha-Medizin und im Spitzensport kommt EMS schon lange zum Einsatz. Physiotherapeut Bernd Restle, der unter anderem auch die Fußball-Profis von Fortuna betreut, kennt EMS seit Jahrzehnten. „Früher hat man es nach Motorradunfällen mit Beinbrüchen oder beim Astronauten-Training in der Schwerelosigkeit eingesetzt.“ Ob der versprochenen Trainingseffekte ist er allerdings skeptisch: „Das ist Werbung, aber es ist besser als nichts.“

Anneke empfiehlt mir zwei Einheiten pro Woche, während ich versuche, meine Bauchmuskeln mit Drei-Sekunden-Stromstößen zu stählen. „Nach dem zehnten Mal ist oft schon eine Umfangreduzierung an der Taille feststellbar“, sagt meine Trainerin. „Aber natürlich nur, wenn man nach dem Training nicht gleich eine Currywurst-Pommes isst.“ EMS bringt wie jedes andere Training nur in Kombination mit einer gesunden Lebensweise Erfolg. Und ganz ohne Anstrengung geht es auch nicht: Liegestütze mit vibrierenden Armen, sind eine sehr intensive Erfahrung.

Nach zwanzig Minuten ist alles vorbei. Ich fühle mich tatsächlich wie nach einer Stunde Krafttraining. Arme und Beine sind müde, ich bin außer Atem. „Der Muskelkater kommt erst einen Tag später“, warnt Anneke mich vor — und sie wird recht behalten.

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