Eller: Wo man lebt – und nicht nur wohnt

Stadtteil-Check: Grün, günstig, solide: Elleraner leben gern in ihrem Stadtteil. Auch Klaus Pehl. Er kennt Eller wie seine Westentasche.

Düsseldorf. Ein guter Ruf ist anders. "In Eller stirbste schneller", so lautet ein geflügeltes Wort, das vor allem unter Düsseldorfern kursiert, die den Südosten der Stadt nicht kennen. Dort kann man über die Polemik nur lachen. "Da kann lästern, wer will, das trifft uns nicht", sagt Klaus Pehl.

Er kennt den Stadtteil fast schon besser als seine Westentasche. Und die Elleraner kennen ihn: Der 67-Jährige war bis zur Pensionierung 2005 Leiter des Bürgerbüros am Gertrudisplatz.

Dort schlägt das Herz des Stadtteils. Auf dem Markt (dienstags bis samstags 7 bis 18.30 Uhr, samstags bis 14 Uhr) wird gehandelt, geklönt, palavert. Im Schatten der Ahorn-, Kastanien- und Rotdornbäume, mit Blick auf St.Gertrud, den hübschen neugotischen Backsteinbau, fühlen sich die Elleraner pudelwohl.

Seit 20Jahren mit dabei: Werner Wildförster mit seinem Obst- und Gemüsestand. Der 52-Jährige hat immer ein offenes Ohr für seine Kunden, weiß, wo die der Schuh drückt. Er merkt es sogar in seiner eigenen Kasse: "Das Geschäft ist auch nicht mehr, wie es früher war", seufzt er. "Wir merken einfach, dass die Leute weniger Geld in der Tasche haben."

Tatsächlich leben in Eller nicht gerade die Privilegierten. Laut Statistik sind nur 43,4 Prozent aller Elleraner überhaupt steuerpflichtig. Je Einwohner verzeichnet das Finanzamt Einnahmen von durchschnittlich 1653 Euro - im Vergleich aller 49 Stadtteile bedeutet das nur Platz 42. Die Kö ist nicht nur räumlich weit weg.

Das spürt auch der Handel vor Ort. "Wenn ich Klagen über den Stadtteil höre, dann darüber, dass immer mehr alteingesessene Händler aufgeben und Billigläden folgen", sagt Wildförster. Das deckt sich auch mit den Kommentaren der WZ-Leser bei unserem großen Stadtteil-Check. Weitere Beschwerden gibt’s über Graffiti-Schmierereien, Hundekot auf den Gehwegen, Taubendreck und fehlende Sitzbänke.

Trotzdem: Die Mehrheit der Elleraner lebt gern im Stadtteil. Dafür gibt es vier gute Gründe:

Pluspunkt1: Trotz aller Klagen ist die Nahversorgung im Ganzen sehr gut. "Hier kriegt man einfach alles", sagt Klaus Pehl. Niemand müsse für Besorgungen in die Innenstadt - mit einer Ausnahme: "Kinderwagen bekommt man hier nicht. Aber die braucht man ja auch nicht so oft."

Pluspunkt 2: Die Verkehrsanbindungen sind besser als in den meisten anderen Stadtteilen: eine eigene Autobahnauffahrt, drei S-Bahnstationen, Anschluss ans Straßenbahn- und U-Bahnnetz. Besser geht’s nicht. Kehrseite: Der Lärm nervt viele Anwohner.

Pluspunkt 3: Auch wenn es die anderen Düsseldorfer nicht glauben: Eller ist jenseits des Zentrums ein grüner Stadtteil, grenzt im Südosten direkt an den Stadtwald. Mit dem Schlosspark, der nicht nur Klaus Pehls Lieblingsort ist, und dem Eller Friedhof gibt’s weitere Parkflächen, auch in Siedlungen wie dem Gurkenland dominiert das Grün.

Pluspunkt 4: Trotz dieser günstigen Lage sind die Mieten vergleichsweise günstig, auch der Kaufpreis für Ein- oder Zweifamilienhäuser ist erschwinglich. Ausnahmen bestätigen die Regel: In adretten Straßenzügen wie der Vohwinkelallee können es auch mal ein paar Euro mehr sein.

Abgehobene Schicki-Mickis sucht man aber auch dort vergeblich. Die Elleraner sind bodenständig, kumpelhaft und herzlich. Echte Rheinländer eben. Der Zusammenhalt unter den Alteingesessenen ist groß, meint Pehl: "Hier gibt es viele ältere Leute, die gemeinsam im Stadtteil alt geworden sind. Probleme gibt es meist nur mit Zugezogenen."

Vielleicht liegt es an dieser Haltung, dass sich eine junge, urbane Szene hier nicht etabliert hat. Zwar gibt es viele Freizeitangebote für Jugendliche, allen voran das legendäre Jugendzentrum an der Bernburger Straße, das vor 35 Jahren durch eine Bürgerinitiative gegründet wurde.

Angesagte Trendkneipen sucht man in Eller aber vergebens. Immerhin gibt es mit der "Fuchsjagd" an der Gumbertstraße einen Brauereiausschank, in dem sich auch Jüngere wohlfühlen. Und mit dem Ep’s im benachbarten Vennhausen (Vennhauser Allee 214) auch ein stylisches Restaurant mit guter Küche und Restaurantgarten.

Der Name Eller ist übrigens wortverwandt mit der Erle. Klaus Pehl erklärt, dass in dem früheren Sumpfgebiet viele Erlen gestanden haben: "Das ist eine Art, die Fußnässe verträgt." Den Elleranern ist das gleich: Sie sind im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrem Stadtteil. Denn hier wohnt man nicht, hier lebt man.

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