Ein Sinto mit Haus und Wohnwagen

Düsseldorf. Wenn man Rigoletto Mettbach in seinem Haus in Lierenfeld besucht und mit ihm spricht, merkt man schnell, dass es dem Rentner gut geht. Er ist in seinem Leben viel herum gekommen, hat eine große Familie, seine Kinder konnten alle eine Ausbildung machen und er ist mittlerweile doch sesshaft geworden.

Das alles ist nicht selbstverständlich, denn Mettbach gehört zu den Sinti — einer Volksgruppe, die schon seit Jahrhunderten in Deutschland lebt und lange für „minderwertig“ erachtet und als „Zigeuner“ beschimpft wurde.

Ein Sinto mit Haus und Wohnwagen
Foto: Judith Michaelis

In Nazi-Deutschland wurden viele in Konzentrationslager deportiert. Auch Mettbachs Eltern verbrachten fünf beziehungsweise sieben Jahre in Konzentrationslagern und werden erst zum Kriegsende befreit. Noch heute verdunkelt sich das sonst so freundliche und helle Gesicht von Rigoletto Mettbach, wenn er darüber spricht. „Meine Mutter hat immer geweint, wenn sie über diese Zeit geredet hat“, sagt der 64-Jährige. Trotzdem blieb die Familie nach dem Krieg in Deutschland, lebte zunächst in Duisburg, zog 1960 nach Düsseldorf. Vorurteilen und Schikane mussten sich Sinti noch jahrzehntelang zur Wehr setzen. „Als ich als junger Mann einmal zum Amt musste, habe ich gesehen, dass in meiner Akte groß das Wort Zigeuner eingetragen war.“

Mittlerweile sind solche Vermerke nicht mehr erlaubt, bis in die 1970er Jahren waren sie aber noch üblich. Auch die Verfolgung durch die Nazis wurde lange gar nicht und später nur eingeschränkt eingestanden. „2000 Mark haben meine Eltern an Entschädigung für ihre Zeit im Konzentrationslager bekommen.“

Seine Kindheit verbrachte Mettbach vor allem unterwegs. Zur Schule ging er nur drei Jahre, dann nahmen ihn seine Eltern mit auf Tour. Seine Mutter, Helene Winterstein, war Sängerin und Tänzerin und spielte Konzerte in der ganzen Welt.

So zog die Familie im Wohnwagen durch die Länder.

Die Vorliebe seiner Mutter für Musik und speziell Operetten hat Mettbach auch seinen ungewöhnlichen Vornamen zu verdanken. Als Mettbach seine eigene Familie gründete, wollte er es etwas anders machen. Auch er spielte als Gitarrist „Rigo Winterstein“ in einem Quintett Konzerte, war immer auf Achse. Seine Musiker-Karriere führte ihn nach Japan, in die Türkei, nach Israel und in viele weitere Länder.

Seine Familie aber blieb in Düsseldorf. „Mir war immer wichtig, dass meine Kinder zur Schule gehen und eine Ausbildung machen. Das hat auch geklappt — bei allen neun.“ Seine neun Kinder, 25 Enkel und vier Urenkel haben neben Deutsch auch alle Romanis gelernt, eine eigene Sprache der Sinti.

1983 wurde die Sinti-Siedlung an der Otto-Pankok-Straße fertiggestellt. Sie ersetzte die frühere Wohnwagensiedlung. Neben dem Haus von Mettbach steht trotzdem immer noch ein alter Wohnwagen, der von den alten Zeiten auf Tour kündet. Seit einiger Zeit spielt Mettbach nur noch gelegentlich Konzerte. Das Sinti-Jazz-Festival im Zakk ist aber jedes Jahr für sein Quintett ein Pflichttermin.

Mettbach ist Erster Vorsitzender der Düsseldorfer Sinti-Union, die sich für die Belange der rund 4000 Sinti in der Stadt einsetzt. Derzeit beschäftigt sie vor allem, dass Sinti häufig in einem negativen Zusammenhang mit Roma erwähnt werden, wenn es um die angebliche Armutseinwanderung geht. „Dabei sind Sinti und Roma völlig verschiedene Völker. Sinti sind schon seit Jahrhunderten vor allem in Westeuropa ansässig. In Deutschland wurde der erste Sinto 1407 in Hildesheim urkundlich erwähnt.“

Mittlerweile wurde sogar eine Petition gestartet, um den Begriff „Sinti und Roma“ als Ersatz für „Zigeuner“ abzuschaffen und stärker zu differenzieren.

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