Ein Notarzt in zwölf Minuten

Es gibt in Düsseldorf häufig Engpässe in der Versorgung. Aber um diese messbar zu machen, bräuchte die Stadt ein Schutzziel.

Düsseldorf. Alle vier Düsseldorfer Notärzte sind am Samstag gleichzeitig im Einsatz gewesen. Doch in der Leitstelle der Feuerwehr gingen weitere Notrufe ein. Der Leitende Notarzt, der ursprünglich in Bereitschaft bleiben soll, um bei einem großen Unglück die Rettungsmaßnahmen zu koordinieren, musste raus. Und sogar Rettungshubschrauber aus Köln und Duisburg flogen los, um Ärzte zu Notfallpatienten zu bringen.

Was die Stadtverwaltung als ganz gewöhnliche Nachbarschaftshilfe deklariert, ist offenbar wenig verhältnismäßig: Nach Informationen der WZ mussten 2007 rund 130-mal Notärzte aus benachbarten Städten bei Engpässen in Düsseldorf aushelfen - Düsseldorfer Ärzte rückten aber nur etwa halb so oft in die Nachbarkommunen aus.

Das Problem ist aber vor allem, dass die Notärzte aus Duisburg oder Neuss längere Anfahrten zum Einsatzort haben. 130 Einsätze von Notärzten aus Nachbarstädten - das bedeutet, dass es mindestens an jedem dritten Tag zu Engpässen in der notärztlichen Versorgung kommt. Die Stadt hat das Problem zumindest für den Norden erkannt und will laut dem Beigeordneten Wilfried Kruse sogar 1,5 neue Notarztfunktionsstellen auf der Wache am Flughafen schaffen, die im Juli 2010 fertig sein soll.

Ob ein Notarzt danach immer schnell genug beim Patienten sein kann, bleibt dennoch unklar. Denn das "Schnell genug" ist in Düsseldorf bislang nicht definiert. Wie die WZ berichtete, gibt es zwar für die Notfallrettung ein so genanntes Schutzziel: Ein Rettungswagen soll in den allermeisten Fällen innerhalb von acht Minuten am Einsatzort sein.

Für Notärzte existiert eine solche Vorgabe jedoch nicht. Das ist in vielen Städten - etwa Köln und Bochum - anders: Sie haben festgelegt, wann der Notarzt da sein muss. Meist lautet das Ziel: zwölf Minuten. Diese Städte können ihre notärztliche Versorgung messen. In Düsseldorf wirft nur ab und zu ein dramatischer Engpass wie am Samstag ein Schlaglicht auf die Lage.

Das Schutzziel ist ein Instrument zur optimalen Planung der Notfallversorgung. Pläne für eine Rettungswache im Hafen etwa wurden vor einigen Jahren verworfen, weil das Schutzziel zeigte: Ein Rettungswagen erreicht dieses Gebiet in der Regel innerhalb der vorgegebenen acht Minuten, eine neue Wache ist überflüssig.

Kruse lehnt ein festes Schutzziel für die Notärzte dennoch ab. "Da wir ein Schutzziel für die Rettungswagen haben, ist sichergestellt, dass nach acht Minuten jemand beim Patienten ist", so sein Argument. Dass auch der Notarzt dann innerhalb einer vorgeschriebenen Frist eintrifft, sei nicht entscheidend.

Allerdings handelt der Rettungsdienst in einem engen rechtlichen Rahmen. Er darf lebenserhaltende Maßnahmen ergreifen, aber zum Beispiel einen Schlaganfallpatienten nicht mit spezifischen Medikamenten behandeln, um Folgeschäden des Anfalls zu vermeiden.

Das Thema ist ein ebenso wichtiges wie komplexes. Und ein vernachlässigtes. "In der Politik wurde die Diskussion um ein Schutzziel für Notärzte bisher noch überhaupt nicht geführt", sagt Rüdiger Gutt (CDU), Vorsitzender des zuständigen Ausschusses für öffentliche Einrichtungen. "Ich würde einen solchen Zielwert begrüßen - am besten einen einheitlichen in ganz NRW."

Er erwartet zunächst in der kommenden Ausschusssitzung am 23. März einen Bericht der Verwaltung zur Versorgungslage in Düsseldorf. "Wenn es da ein strukturelles Problem gibt, muss sich etwas ändern", fordert Gutt. "An der Politik wird das sicher nicht scheitern."

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