Düsseldorf Ein Mann mit vier Ehrenämtern

Wilfried Kullmann steckt als Frührentner die Hände nicht in den Schoß, sondern hilft.

Düsseldorf: Ein Mann mit vier Ehrenämtern
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Wilfried Kullmann hat eine Ausbildung als Fernmeldetechniker. Es war eine Allround-Ausbildung mit Tätigkeiten auch als Schreiner und Schlosser. Dennoch stellte ihn ein Telekommunikationsunternehmen vor acht Jahren vor die Wahl, entweder in den Vorruhestand zu gehen oder nach Duisburg zu wechseln, wo man ihn auf lange Sicht auch vor die Tür gesetzt hätte. Er war damals 55 Jahre alt und entschied sich, in Rente zu gehen. Er wollte aber nicht Däumchen drehen, sondern anderen helfen. Inzwischen hat er es zu einer stattlichen Reihe von Ehrenämtern gebracht, die er unter einen Hut zu bringen versucht.

Nicht ohne Stolz berichtet er, dass er seit 25 Jahren Geschäftsführer der Gesellschaft Sankt Stephanus ist, der ältesten Gesellschaft in Düsseldorf von 1823. Sie gehört zum Schützenverein Derendorf. Die Schützenvereine seien zuweilen älter, erklärt er, aber die einzelnen Gesellschaften nicht. Inzwischen hat er es in dieser Saison sogar zum Regimentskönig gebracht. Mit Zylinder und Lorbeerkranz ließ er sich fotografieren.

Kullmann steht seinen Mann. Er ist rührend um seine Mitmenschen bemüht. So war er jahrelang zweiter Vorsitzender des Bürgervereins Mörsenbroich. Als der erste Vorsitzende, Wolfgang Py, vor zwei Jahren starb, stellte er sich für den Vorsitz zur Verfügung und wurde Baas. Der Bürgerverein hat 200 Mitglieder. Bei den Versammlungen erscheinen jedoch höchstens 40 Personen. Manche Mitglieder sind längst verzogen, bleiben aber im Verein. Nun unternimmt Kullmann zaghafte Versuche, den Verein etwas zu beleben. Er erzählt: „Im Frühjahr hatten wir ein Fest auf dem Spatenplatz, zwischen Münsterstraße und Spatenstraße. Den Strom und das Wasser holten wir uns von den Anwohnern. Und die waren froh, dass auf dem Plätzchen mitten in Mörsenbroich etwas passiert. Die Veranstaltung wurde positiv aufgenommen.“

Die Belebung des Bürgervereins ist keine leichte Sache. Am zweiten Advent stand Kullmann mit einigen Hartgesottenen auf dem Kreitenplatz an der Münsterstraße in der Kälte. „Wir haben neben dem Radschläger einen Tannenbaum aufgestellt und Glühwein spendiert. Ich hatte vorher im Umkreis von einem Kilometer Einladungen in die Briefkästen gesteckt. Wir müssen uns in der Öffentlichkeit zeigen, wenn wir etwas erreichen wollen“, sagt er. Schließlich sei viel zu tun in einem Bezirk, der viele alte Menschen, aber wenig junge Leute hat.

Für Kullmann ist es eine Erleichterung, dass das ehemalige Vorstandsmitglied Ulrich Voss weiterhin den Veedelszoch betreut. So kann er sich anderen Ehrenämtern widmen. Etwa der katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) von St. Franziskus, deren Vorsitzender er ist, nachdem auch hier der bisherige erste Vorsitzende gestorben ist. Selbstverständlich ist Kullmann am 22. Januar beim diesjährigen Neujahrsempfang der KAB dabei, der um 11 Uhr mit einer Messe in der Kirche Zum Heiligen Kreuz in Rath beginnt und anschließend einen Empfang im Rather Familienzentrum gibt.

Vor acht Jahren setzte er sich mit einer Gruppe von Gleichgesinnten zusammen, um Arbeitslosen zu helfen — in Rath eine dringend notwendige Aufgabe. Daraus wurde die Gruppe „Schritt-Macher“, die sich immer mittwochs von 15 bis 17 Uhr im Familienzentrum Rath trifft. Kullmann erklärt: „Schritt-Macher nennen wir uns, weil es darum geht, Schritt für Schritt zu gehen. Wir versuchen, Arbeitslosen zu helfen, Formulare für sie auszufüllen und Hilfen bei Behördenangelegenheiten anzubieten. Wenn alleinerziehende Frauen arbeitslos sind, passen wir auf die Kinder auf, während die Frauen aufs Amt gehen.“

Das Schlimme aber sei, dass diese Menschen warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Mit der ersten Mahnung müssten sie eigentlich kommen und nicht erst, wenn der Strom abgestellt ist. Acht bis zehn Leute treffen sich regelmäßig in Rath, und Kullmann versucht zu helfen. Mancher Einsatz sei jedoch vergeblich. So gelang es zwar, einen Arbeitslosen bei einem Sicherheitsdienst unterzubringen, um ein Flüchtlingszelt zu beaufsichtigen. Doch einen Tag vor Vertragsende hätten sie ihm gekündigt, anstatt ihn zu übernehmen. „Manchem Trick der Firmen sind wir eben nicht gewachsen“, sagt er. Und ist im nächsten Atemzug bereit, abermals zu helfen.

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