Ein ganzer Stadtteil feiert Erntedank

Zum Umzug sind Tausende auf den Beinen. 37 Gruppen haben mitgemacht.

Düsseldorf. Im Hauptberuf ist Roland Reibel Haustechniker von Schloss Benrath. Jetzt, beim Erntedankfest in Urdenbach, ist er Karrenschieber. Schürreskarrenschieber bei den "Odebacher Weizenjonges", um genau zu sein.

Er schiebt beim großen Erntedankzug einen mit Ähren und Stroh geschmückten Karren. Taktgefühl ist dabei gefragt, denn über je zwei dieser Karren spannt sich ein Erntebogen. Rund zwei bis drei Wochen hat die Gruppe gebraucht, um die Ähren vom Feld zu schneiden und die Erntebogen zu binden.

"Wir sind mit zwölf Erwachsenen und ebenso vielen Kindern zwar eine der kleineren Gruppen, aber wir fallen durch unsere Bögen auf", sagt Reibel mit gewissem Stolz. Dabei kam Reibel erst nach Urdenbach, als er eine Wohnung für seine fünfköpfige Familie in der Nähe der Arbeitsstelle suchte. Zu den Weizenjonges stieß er über seine Nachbarn, die die Familie schnell in das Urdenbacher Brauchtum einführten.

Obwohl vom Allgemeinen Bürgerverein organisiert, unterliegt die Teilnahme keinen Vereinszwängen. Man denkt sich ein Motto aus, meldet es an - und macht mit. Kirchen sind dabei, Schulen, Sportvereine, Freundeskreise. 37 Gruppen sind es am Sonntag. Darunter auch die "Kämpenknicker" - eine Gruppe aus Studenten und ehemaligen Schulfreunden, die seit vier Jahren mitzieht.

Erheblich länger, nämlich 16 Jahre, sind die Flößer von Urdenbach beim Umzug dabei. Die Gruppe entstand quasi aus einer Protestbewegung heraus. "Man hat unser Urdenbacher Erntedankfest immer mit dem Oktoberfest verglichen, doch wir wollten zurück zu den Wurzeln.

Entsprechend einfach ist unsere Kluft: schwarze Hose, schwarze Weste, weißes Hemd", erzählt Holger Ginsel. Er selbst wohnt zwar mittlerweile in Solingen, zur Erntedankzeit zieht es ihn aber immer zurück nach Urdenbach. Und zu dem selbst gebauten Floß, das die zehnköpfige Mannschaft mit viel Geschick durch die Straßen zieht.

Zu den Wurzeln des Erntedankfestes zurück kehren dieses Jahr auch die Pannebäcker, die 200 Kilogramm Äpfel und Birnen aus den Urdenbacher Gärten und der Kämpe durch die Straßen kutschieren. "Weitere 200 Kilogramm lagern bei mir noch auf dem Hof", erzählt Organisator Dieter Rost.

Die Nachbarn und Bauern waren wirklich freigiebig. Und was passiert damit? "Am Dienstag werden wir die große Saftpresse anwerfen und daraus Saft und Gelee machen", so Rost. "Wir lassen nichts verkommen." Auch die x Kilo Kohlköpfe, Möhren und sonstiges Gemüse, die im Zug zu sehen waren, werden von den einzelnen Gruppen weiter verarbeitet.

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