Ein Fotofestival im alten Uhrenturm

In Kisten fanden die Erben von Sammlern lauter kostbare Aufnahmen von berühmten Künstlern aus den 60er und 70er Jahren. Jetzt stellen sie sie auf kleinstem Raum auf.

Ein Fotofestival im alten Uhrenturm
Foto: J. Michaelis

Zweimal im Jahr geht es im Uhrenturm an der Grafenberger Allee richtig lustig zu. Dann wird im ehemaligen Torwärterhaus der längst verflossenen Eisengießerei Haniel und Lueg eine Vernissage gefeiert. Da dazu jedoch auf den neun Quadratmetern Ausstellungsfläche kein Platz ist, wird der Bürgersteig einbezogen. Auch die Reden finden dann unter freiem Himmel statt. Am letzten Sonntag war es wieder einmal soweit. Zur Premiere stand die perfekte Schau zur Fotografie aus der Blütezeit der Kunstszene Düsseldorf. Ohne Etat, ohne Unterstützung der Stadt. Keine No-Name-Fotografie. Sondern Fotografie als Kunst von Lothar Wolleh und Bernd Jansen.

Ein Fotofestival im alten Uhrenturm
Foto: © Bernd Jansen

Die Organisatoren Marco Huppertz und Klaus Lehmann schlagen mit ihren Taten der behäbigen Kulturstadt ein Schnippchen. Sie brauchen kein Fotofestival mit Steuergeldern, sondern finanzieren sich mit ihren minimalen Mitgliederbeiträgen. Ausstellungen gibt es auch nur zur warmen Jahreszeit, denn für die Heizkosten im Winter haben sie kein Geld.

Ein Fotofestival im alten Uhrenturm
Foto: Foto: Lothar Wolleh © Oliver Wolleh

Dennoch geschehen in diesem Uhrenturm Wunder. Vorstandsmitglied Marco Huppertz ist der Schwiegersohn jenes Sammlers Günther Drenker, der dem Kunstmuseum eine 21-teilige Fotoserie von Wolleh 2015 kurz vor seinem Tod geschenkt hat. Jetzt fanden die Erben im Keller kistenweise Vintage-Prints, also Erstabzüge von Wolleh und Jansen. Eine Kostbarkeit ohnegleichen.

Ein Fotofestival im alten Uhrenturm
Foto: Foto: Lothar Wolleh © Oliver Wolleh

Diese beiden Fotokünstler hielten die Zero-Kollegen fest. Otto Piene etwa gab sich schon in jungen Jahren als Gentleman, ließ sich mit weißem Hemd, Schlips, Jackett und Weste von Wolleh ablichten, die Glühbirne wie ein Erkennungszeichen in der Hand, zur Selbstbeleuchtung seines Gesichtes. Bernd Jansen stellt Richter vor seine erste Frau Ema, zeigt ihn mit Kamera und Hand in der Hosentasche. Scheinbar lässig. Aber das Bild ist zweifach gerahmt. Und es wirkt leicht verwischt, denn es ist die Zeit der bewusst verhuschten Schwarzweißbilder des Malers, der damals am Fürstenwall wohnte, wie die Kollegen Rinke und Uecker.

Ein Fotofestival im alten Uhrenturm
Foto: Foto: Lothar Wolleh © Oliver Wolleh

Selbstverständlich haben beide Künstler auch Joseph Beuys im Sucher gehabt. Wolleh stellt den Mann mit Filzhut und Fellmantel in die Mitte eines Kreuzes. Wie ein Schamane steht er da. Bernd Jansen war bei der Eat-Art-Aktion von Daniel Spoerri am Burgplatz dabei. Beuys rieb sich dort zunächst das Gesicht mit Asche ein, während die Fischgräte unter der Decke des Lokals hing. Hierzu Bernd Jansen: „Eine Fischgräte hätte er ja nicht signieren können. Deshalb hat er dies mit seinen schwarzen Händen auf Papier gemacht und dann gestempelt.“ Die Edition der Fischgräte ist heute Goldes wert, aber das Foto auch.

Ein Fotofestival im alten Uhrenturm
Foto: © Bernd Jansen

Graubner, Kriwet, Luther, Mack, Megert, Uecker, Rinke, Man Ray und Steinert passieren im Uhrenturm Revue. Gezeigt werden je zwei Porträts der Stars aus den späten 60er und frühen 70er Jahren. Sie sind paarweise gehängt, damit die Besucher die unterschiedlichen Sichtweisen nachvollziehen können.

Mancher Besucher fragte sich am Sonntag, ob sich nicht auch die Museen so eine Ausstellung leisten könnten. Die Frage ist berechtigt, denn Bernd Jansen sammelt derzeit Material für seine eigene Biografie. Und mit Lothar Wolleh beschäftigt sich eine Doktorarbeit.

Info: Die Schau im Uhrenturm, Grafenberger Allee 300, läuft bis 3. September. Öffnung montags von 18 bis 20 Uhr.

Der Turm gehört der Stadt, ist aber von der Hermann-Harry-Schmitz-Societät gemietet.

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