Ein Banker macht sich stark für die Industrie

Der neue IHK-Präsident Andreas Schmitz über Banken, Bildung, Unternehmen und seine Faszination für Fabriken.

Ein Banker macht sich stark für die Industrie
Foto: Jonas Güttler/dpa

Düsseldorf. Andreas Schmitz, Geschäftsführer der HSBC Germany Holdings GmbH, ist Anfang der Woche zum neuen Präsidenten der IHK Düsseldorf gewählt worden. Die WZ traf ihn in seinem Büro an der Königsallee.

Herr Schmitz, wie war die erste Woche als IHK-Präsident?

Andreas Schmitz: Es gab natürlich viele Glückwünsche. Aber auch immer wieder die Frage, warum ich mir das antue.

Und was antworten Sie?

Schmitz: Wir leben im Moment in einer Art Zeitenwende, für die die gewaltsame Grenzverschiebung in der Ukraine, der Brexit und die Wahl Trumps nur Symptome sind. Wie Politik zustande kommt, wird von großen Teilen der Bevölkerung sehr kritisch gesehen. Da gilt es um so mehr, dass wir uns öffentlich für unsere politischen und gesellschaftlichen Überzeugungen einsetzen. Vor allem, wenn man wie ich in seinem beruflichen Leben von der ersten Station an bis zur Beendigung der operativen Karriere viel Glück gehabt habt. Sonst hätte ich auch die elf Jahre als Vorstandsvorsitzender einer Bank nicht unfallfrei überlebt.

Was sind ihre Ziele?

Schmitz: Erstmal: die Wirtschaftlichkeit und Transparenz der Kammer erhalten und weiter für ein gemeinsames Verständnis von Industrie und Bürgern sorgen. Hinzu kommt: Die IHK muss noch mehr Dienstleister für ihre Kunden werden. Wichtig ist mir auch das Thema Bildung und Schule. Wir können stärker auf die Möglichkeiten des dualen Studiums aufmerksam machen.

Sie haben angekündigt, kritischer Gesprächspartner für die Politik sein zu wollen. Bis wohin sollte sich die IHK einmischen?

Schmitz: Der Primat der Politik ist natürlich richtig. Es geht mir nicht um allgemein-politische Fragen, sondern um Themen, bei denen die Wirtschaft direkt betroffen ist. Für Düsseldorf muss betont werden, wie wichtig die Industrie für die Region ist. Mit 50 000 Jobs in der Industrie ist die Stadt der drittgrößte Standort in NRW. Ein wichtiger Wohlstands-Faktor. Wir müssen weiter um Verständnis bei den Bürgern werben, zum Beispiel mit der Langen Nacht der Industrie, mit der das heute bereits sehr gut gelingt. Für Düsseldorf ist zudem entscheidend, dass eine Balance zwischen Wohnbebauung und Industrieflächen gefunden wird, wie jetzt etwa im Medienhafen geschehen. Die Unternehmen müssen Planungssicherheit haben.

Außerdem wollen Sie die Kontakte nach China und Russland stärken. Wie?

Schmitz: Wichtig ist, die Region noch besser zu vermarkten, die nach rheinischer Lebensart sehr offen für Unternehmen aus anderen Regionen ist. Das geht nicht nur mit Unternehmer- und Delegationsreisen, sondern viel einfacher und intensiver mit einem konsequenten Standortmarketing bei den hier bereits ansässigen ausländischen Unternehmen, den Handelsförderern und Vertretern des Konsularischen Korps. Dabei sollten wir uns an die bekannte Maxime halten: „Tue Gutes und rede darüber“ - denn sie alle sind hervorragende Multiplikatoren in ihren Heimatländern.

Stichwort Industrie 4.0, die Digitalisierung von Produktionsprozessen. Chance für mehr Effizienz oder Gefahr für Arbeitsplätze?

Schmitz: Man muss die Ängste vor dem technischen Fortschritt ernst nehmen. Er sorgt nicht automatisch für mehr Wohlstand für alle. Aber er muss danach trachten, ausgewogene Lebenschancen für möglichst viele Menschen zu bieten. Das gelingt am besten mit der Sozialen Marktwirtschaft, wie wir sie in Deutschland praktizieren. Aber die Unternehmen müssen offen für den technischen Fortschritt sein. Die neue Fabrikhalle heißt Cloud. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht wie bei der ersten Digitalisierungswelle hinterherlaufen.

Wie nah oder fern ist Ihnen als Banker eigentlich die Industrie?

Schmitz: Sie ist mir näher, als viele glauben. In meiner gesamten beruflichen Karriere in mehr als 25 Jahren war ich ein Mann für die Firmenkunden. So konnte ich Unternehmen aller Art kennenlernen. Und es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, durch eine Fabrik zu gehen — zu sehen, wie dort produziert wird. Zudem sitze ich in Aufsichtsräten von spannenden Unternehmen, wodurch ich auch viel lerne. Die Industrie war mir ehrlich gesagt immer näher als die Verwaltung des Geldes, da ich nie ein Vermögensverwalter war.

Wobei haben Sie als Bank die IHK schon gebraucht?

Schmitz: Etwa bei Reisen ins Ausland hilft sie mit Informationen über die Länder. Wir greifen auch auf statistisches Material zurück, das wir zur Beantwortung von Vermarktungsfragen brauchen.

Und was hat ein Imbissbudenbesitzer von der IHK?

Schmitz: Sie hilft etwa bei der Standortsuche, Behördengängen, ganz praktischen Fragen.

Ist es richtig, dass auch Kleinstunternehmer gezwungen sind, Mitglied zu sein und Beiträge zu zahlen?

Schmitz: Dazu muss man sagen, dass Unternehmen erst ab 5200 Euro Gewinn Beiträge zahlen, nach Abzug von Personalkosten und dem eigenen Gehalt. Von 80 000 Mitgliedern sind rund 30 Prozent vom Beitrag befreit, und haben trotzdem wie alle Unternehmen Stimmrecht. Dieses Prinzip stärkt eher die Kleinen als die Großen. Hinzu kommt: Die Düsseldorfer IHK erhebt im Bundesdurchschnitt mit die niedrigsten Beiträge.

Was machen Sie mit den Einnahmen und wie hoch sind die Rücklagen?

Schmitz: Wir nehmen ungefähr so viel ein, wie wir auch wieder ausgeben. Durch das Null-Zins-Niveau und unsere Verpflichtungen bei der Altersversorgung schmelzen allerdings die Rücklagen etwas ab. Sie liegen zum Jahresende noch bei 15,8 Millionen Euro. Die brauchen wir etwa für die Instandhaltung unserer Gebäude und als Sicherheit, falls die Gewerbesteuer — woran sich die Beiträge bemessen — nicht mehr so üppig fließen sollte. Dann helfen die Rücklagen dabei, Beiträge nicht sofort rapide erhöhen zu müssen. Und — falls das hinter Ihrer Frage gesteckt haben sollte — ich glaube nicht, dass der Staat die Aufgaben der IHK besser erledigen könnte. Auch er bräuchte in irgendeiner Form Gebühren, vor allem aber Personal, denn das gesamte ehrenamtliche Engagement unserer Unternehmen würde ihm fehlen.

Sie betonen den Wert von Transparenz, warum veröffentlichen Sie nicht die Gehälter der Führungskräfte?

Schmitz: In unserem Transparenz-Register führen wir die Gesamtsumme auf, die die Geschäftsführungsebene verdient. Die zeigt, dass die Gehälter angemessen sind. Mehr braucht es aus meiner Sicht nicht. Im Gegenteil: Die Offenlegung von Gehältern bei Führungskräften hat nur dazu geführt, dass sie durch die Vergleichsmöglichkeiten unterm Strich gestiegen sind.

Wenn Sie als IHK-Präsident drei Wünsche für das Düsseldorf im Jahr 2030 frei hätten, wie würden sie lauten?

Schmitz: Zunächst einmal wünsche ich mir eine Region, die weiterhin prosperiert und lebenswert ist. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist regionale Zusammenarbeit. Außerdem hoffe ich auf ein offenes und gutes, auf Dienstleistung beruhendes Verhältnis zwischen IHK und Mitgliedern. Als drittes: Dass im 22. Jahrhundert bei der Aufarbeitung unserer Zeit festgestellt wird, dass sie lange nicht so von Katastrophen und Krisen bestimmt war, wie manche heute glauben.

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