"Hoch auf dem gelben Wagen" Düsseldorfer produzierte Walter Scheels Hit

Dirk Tillen arbeitete 1973 mit dem späteren Bundespräsidenten an „Hoch auf dem gelben Wagen“. Es entwickelte sich eine Freundschaft.

Bei den Aufnahmen für „Hoch auf dem gelben Wagen“ 1973 lernten sich Walter Scheel, Dirk und Ingrid Tillen kennen.

Bei den Aufnahmen für „Hoch auf dem gelben Wagen“ 1973 lernten sich Walter Scheel, Dirk und Ingrid Tillen kennen.

Düsseldorf. Auf diesen Moment hat Dirk Tillen ängstlich gewartet. „Es war ja klar, dass Walter Scheel aufgrund seines Alters nicht mehr lange leben wird, dennoch war der Schreck riesig, als es dann wirklich so weit war. Das hat mich sehr getroffen.“ Mit dem ehemaligen Außenminister und Bundespräsidenten verband Tillen eine lange Freundschaft, denn 1973 hat er das Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“ produziert, das bisher über eine Million Mal über die Ladentheke ging und mit Gold und Platin ausgezeichnet wurde. Und das alles für den guten Zweck, denn bis heute bekommen die „Aktion Mensch“, das Müttergenesungswerk und die Elly-Heuss-Knapp-Stiftung regelmäßig den Erlös aus dem Verkauf überwiesen.

Bei der Feier zur Platin-Schallplatte floss 2008 bei Universal in Berlin Champagner. Tillens Frau Ingrid sitzt in der Mitte. Rechteinhaber (2) : Tillen

Bei der Feier zur Platin-Schallplatte floss 2008 bei Universal in Berlin Champagner. Tillens Frau Ingrid sitzt in der Mitte. Rechteinhaber (2) : Tillen

„Scheel war sehr warmherzig, ehrlich freundlich und ging auf die Menschen zu. Er konnte aber auch ein knallharter Politiker sein. Irgendwie war er auch ein cooler Typ“, beschreibt Tillen den Menschen, der ihm den größten Erfolg seiner beruflichen Karriere beschert hat. Die Idee für das Lied hatte er schon länger, es fehlte ihm nur ein Interpret. Diese Idee kam ihm erst beim Zeitungslesen in einem Café. „Dort stand, dass Scheel zu den Proben des Düsseldorfer Männergesangsverein kommen wird und da wusste ich, wen ich haben wollte.“ Über das Auswärtige Amt kam dann der Kontakt zum damaligen Außenminister zustande. „Die Berater wollten erst nicht so richtig, aber weil der Erlös gespendet werden sollte, haben sie schließlich eingewilligt.“ Schärfster Kritiker war übrigens Günter Grass, der Scheel vorwarf, sich in die Niederungen des Show-Business zu begeben.

Im Juni 1973 standen sie dann zusammen in einem Kölner Tonstudio. „Wir hatten nur zwei Stunden Zeit. Scheel hat das Lied dreimal durchgesungen und ich habe dann die besten Passagen zusammengeschnitten. Er war unglaublich professionell und hat ganz toll gesungen. Das hatte ich ihm damals gar nicht zugetraut.“

Am 6. Dezember 1973 feierte der Song TV-Premiere in der Sendung „3 x 9“ mit Wim Thoelke. „Unglaubliche 32 Millionen Menschen haben damals zugeschaut und das Lied ging danach durch die Decke. Wir standen auf Platz eins in den Charts, noch vor den Rolling Stones, ein unbeschreibliches Gefühl.“ Bereits im Januar wurde der erste Spendenscheck über 100 000 D-Mark ausgestellt und übergeben. Bis heute kamen mehr als 500 000 Euro zusammen. „Und erfahrungsgemäß werden die Verkaufszahlen in der nächsten Zeit wieder anziehen.“

Über diese Zusammenarbeit entwickelte sich zwischen den beiden eine enge Freundschaft. „Ich war sehr häufig bei ihm in Berlin, Ascona und Bad Krozingen. Zuletzt war ich vor zwei Jahren bei seinem 95. Geburtstag dort. Wir sind in einem China-Restaurant essen gewesen. Aber da war er schon nicht mehr so, wie ich ihn kannte. Er hat sich gar nicht mehr an den Gesprächen beteiligt.“

Geduzt haben sich die beiden übrigens nie. „Dafür hatte ich zu viel Respekt vor ihm, obwohl wir einen herzlichen Umgang miteinander pflegten. Ich habe immer Herr Bundespräsident zu ihm gesagt. Wir haben über private Dinge gesprochen, natürlich auch über die Musik, aber nur selten über Politik.“

Scheel hat übrigens auch privat mächtig zum Verkaufserfolg beigetragen. „Er hat immer Pakete zu je 200 Stück bestellt und dann bei Staatsbesuchen verschenkt, sogar im Kreml und im Weißen Haus. Und bei einem Staatsbesuch in einem afrikanischen Land wurde ’Hoch auf dem gelben Wagen’ gespielt, weil man dachte, das wäre die offizielle Nationalhymne.“

Die Goldene und die Platin-Platte sowie die Originalbänder mit Postern und Plakaten hat Tillen übrigens vor kurzem dem Haus der Geschichte in Bonn und damit der Nachwelt überlassen.

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