Neusser HV und ART Düsseldorf Düsseldorf kauft sich ein Handball-Team

Aus Neusser HV und ART Düsseldorf werden die HC Rhein Vikings. Jetzt soll es auf dem schnellsten Weg in die Bundesliga gehen.

Neusser HV und ART Düsseldorf: Düsseldorf kauft sich ein Handball-Team
Foto: Horstmüller

Düsseldorf. Große Taten verlangen große Worte. Wenn es nach den Vertretern des neuen Schwergewichts im rheinischen Handball geht, verlangen sie auch eine große Bühne. Gleich elf Herren saßen am Donnerstag in einem Düsseldorfer Hotel auf dem Podium, als der neue Handballclub Rhein Vikings vorgestellt wurde — ein Zusammenschluss zwischen dem ART Düsseldorf und dem Neusser HV.

Neusser HV und ART Düsseldorf: Düsseldorf kauft sich ein Handball-Team
Foto: nhv1

Nötig wurde das Projekt, weil die Zeiten ein solches eben erforderten. Man müsse die Kräfte bündeln, war immer wieder zu hören. Zumindest, wenn die Ziele groß sind. Und die Ziele sind groß. Nichts weniger als die Rückkehr des Rheinlandes auf die Bundesliga-Bühne haben sich die Vertreter von Vereinen und Städten vorgenommen.

Neusser HV und ART Düsseldorf: Düsseldorf kauft sich ein Handball-Team
Foto: nhv1

Aktuell gibt es am Rhein lediglich zahlreiche Drittligisten: in Neuss, Dormagen, Korschenbroich, Krefeld, Langenfeld und Ratingen. Doch damit soll nun Schluss sein. Anstatt sich gegenseitig Fans und Sponsoren wegzunehmen, soll es nun gemeinsam nach oben gehen.

Noch ist es aber längst nicht so weit. Der ART Düsseldorf ist aktuell sogar nur viertklassig, zumindest steht der Neusser HV aber an der Spitze der dritten Liga und klopft laut ans Tor zur zweiten.

Das Problem der Neusser ist allerdings, dass sie keine vernünftige Halle haben. Die gibt es wiederum in Düsseldorf: das seit Jahren nahezu ungenutzte Castello in einem Gewerbegebiet im Stadtteil Reizholz. Die Halle stammt noch aus den Zeiten des inzwischen verstorbenen Oberbürgermeisters Joachim Erwin (CDU), der den Sport förderte wie kaum einer vor und nach ihm. Erwin ließ sie bauen, um neben der großen Fußball-Arena der Fortuna und dem Dome der Eishockey-Profis der DEG eine dritte moderne Sportstätte zu haben. Doch sämtliche Versuche, sie mit Leben zu füllen, scheiterten. Sowohl die Basketballer der Giants, die aus Leverkusen in die Landeshauptstadt kamen, als auch der frühere Handball-Erstligist HSG musste wegen finanzieller Probleme aufgeben. Seit Jahren findet nun im Castello nur noch Schulsport statt. Etwas wenig für eine Halle mit 3500 Plätzen und schicken VIP-Räumen, in die die Stadt bereits weit mehr als 30 Millionen Euro investiert hat — und die jedes Jahr hunderttausende Euro an Unterhalt kostet.

Deswegen machte sich die Stadt vor Monaten auf, einen neuen Dauermieter zu finden. Bereits die beiden Basketball-Viertligisten von ART und Giants mussten auf Drängen der Stadt hin kooperieren. Gebracht hat es bislang wenig, der Aufstieg ist trotz finanzieller Unterstützung aus dem Rathaus in weiter Ferne.

Also wandte sich die Stadt dem Handball zu. Ohne den ART in ihre Pläne einzuweihen, führte sie Sondierungsgespräche mit Drittligisten aus der Region. Zunächst wollte niemand mitmachen. Nicht die Handballer von Bayer Dormagen, die bereits einmal mit dem ART fusioniert waren, aber sich noch vor dem ersten Spiel wieder zurückzogen hatten. Nicht der TV Korschenbroich, nicht die SG Ratingen — obwohl die Stadt Düsseldorf die Clubs mit sechsstelligen Argumenten überzeugen wollte. Erst dann wurden Gespräche mit den Neussern geführt, die ihrerseits das Hallenproblem zu lösen versuchten. Der ART selbst hatte keine andere Wahl. Das Wasser steht ihm bis zum Hals.

Am Donnerstag wurde das Ganze als Liebesheirat proklamiert. Für die Handballer des ART wird das allerdings kaum gelten. Seitdem die Pläne Ende des vergangenen Jahres publik wurden, herrscht Aufruhr in der Abteilung des Mehrspartenvereins. Beide Trainer sowie zahlreiche Spieler gingen von Bord. Ausgeholfen hat nun der Neusser HV. Das Ziel: Der ART soll nicht aus der viertklassigen Nordrheinliga absteigen, man braucht schließlich einen Unterbau für die ambitionierten Pläne. Das jetzige ART-Team soll künftig als zweite Vikings-Mannschaft auflaufen.

Weitaus begeisterter ist der ART-Vorstand um Klaus Wischnitzki, der am Donnerstag von einer großen Zukunft sprach. Was Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel noch übertraf, der nicht nur das Castello als Spielstätte, sondern im Falle des Bundesliga-Aufstiegs gleich auch den Dome in Düsseldorf ins Spiel brachte. Und wo er schon mal schwärmte, erwähnte er noch ganz beiläufig, dass in der riesengroßen Arena der Fortuna auch schon Eishockey gespielt wurde. Warum nicht gleich auch noch Handball? Man denkt gerne groß in der Landeshauptstadt.

Wo aber kommen die Zuschauer her? Aktuell begrüßt der ART in der vierten Liga um die 200, die Neusser trotz ihrer Erfolge eine Liga höher im Schnitt nur knapp 500. Natürlich locken höhere Ligen mehr Fans an, ein Zuschauermagnet war Düsseldorf aber auch zu Zweit- oder gar Erstliga-Zeiten nicht. Selten verloren sich mehr als 1500 Anhänger im Castello.

Dass das künftig anders wird, soll auch an den Neussern liegen. Die werden auch nach Düsseldorf fahren, um „ihren Verein“ zu unterstützen, sagten die NHV-Vertreter. Immerhin soll der neue Kader fast ausschließlich aus NHV-Spielern und Zugängen wie etwa Nils Artmann vom Erstligisten Bergischer HC bestehen. Und hin und wieder solle ja auch in Neuss gespielt werden, wie Bürgermeister Reiner Breuer festgehalten wissen wollte. Wo dann genau, konnte er aber am Donnerstag nicht beantworten. Die Pläne, die mehr als 40 Jahre alte Eishalle am Südpark in eine Multifunktionsarena umzubauen, wurden nicht mehr angesprochen.

Im Castello dürfen die Vikings dem Vernehmen nach kostenlos spielen. Im Düsseldorfer Rathaus ist man genügsam geworden: besser als gar nichts. Außerdem kennt man das ja in der Landeshauptstadt: Auch die DEG zahlt für Dome und Brehmstraße kaum Miete. Ob die Neusser Anhänger dem Team auch dann treu bleiben, wenn es dauerhaft in Düsseldorf spielt, steht in den Sternen. Das dürfte das Hauptproblem des neuen Vereins werden. Mag er sportlich und strukturell auch professionell aufgebaut sein.

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