Düsseldorf, die Hauptstadt der Gas-Laternen

Nirgendwo in Deutschland haben Gas-Laternen einen größeren Stellenwert als hierzulande. 17 000 Exemplare stehen noch. Eine Bestandsaufnahme.

Düsseldorf. "Dieses Licht ist so schön und so warm. Kein Vergleich zu den elektrischen Lampen!" Jürgen Höywey ist Feuer und Flamme für die Düsseldorfer Gas-Laternen. Für ihn ist deshalb keine Frage, dass "man die Gas-Leuchten unbedingt erhalten soll". Der 56-Jährige weiß, wovon er redet. Er ist technischer Mitarbeiter der Abteilung "Öffentliche Beleuchtung" bei den Stadtwerken. Mit seinen rund 50 Kollegen ist er dafür verantwortlich, dass es in der Landeshauptstadt niemals dunkel wird sie sind zuständig für die rund 60 000 Laternen in der Stadt. 17 000 leuchten mit Gas, so viele wie fast nirgends sonst in Deutschland. Nur in Berlin gibt es in absoluten Zahlen mehr. Doch der Anteil der Gaslampen an der gesamten öffentlichen Beleuchtung ist auch dort geringer. Düsseldorf kann sich also mit Fug und Recht die Hauptstadt der Gas-Laternen nennen.

Den wenigsten Düsseldorfern ist das überhaupt bewusst. Für sie gehören die alten Laternen einfach zum Stadtbild. Auswärtige Gästen hingegen bemerken diese Besonderheit der Stadt meist recht schnell. Kein Wunder: In ganz Deutschland gibt es überhaupt nur noch 30 kleinere und größere Städte mit Gas-Beleuchtung. Alle anderen haben sie längst abgeschafft, meist Ende der 60er oder Anfang der 70er Jahre. Damals begann die Umstellung vom Stadtgas aus den Kokereien auf Erdgas. Viele Städte nutzten diesen Anlass, um ihre Beleuchtung nach und nach auf Strom umzurüsten. Düsseldorf aber scheute die zusätzlichen Kosten in Höhe von 30 Millionen Mark und tüftelte lieber daran, die Laternen auf Erdgasbetrieb umzustellen. Ob das gelingen würde, war völlig unklar. Zwei Jahre lang probierten die Stadtwerke hin und her bis 1970 alle Gasleuchten auf Erdgas umgestellt waren. Die Zukunft der alten Laternen war gesichert.

"Die ältesten Leuchten, die heute noch in Düsseldorf stehen, sind vom Ende des 19. Jahrhunderts", erklärt Jörg Halbach, Chef der Abteilung "Öffentliche Beleuchtung". Dabei handelt es sich um den Typ Alt-Düsseldorf, der seit 1866 speziell für die Rhein-Metropole hergestellt wurde. Damals gab es für jede größere Stadt ein eigenes Modell, das meist von einer ortsansässigen Firma hergestellt wurde. "Mir gefällt sie sehr gut, auch wenn sie gegen den Typ Charlottenburg nicht anstinken kann", sagt Halbach. Unter Kennern gilt die Berliner Variante als Mercedes unter den Gas-Laternen.

Doch auch der Düsseldorfer Typ ist mittlerweile zum Sammlerstück avanciert. Immer mehr Menschen stellen sich den Klassiker unter den Laternen in ihren Garten. Zu kaufen gibt es sie direkt beim Hersteller, also bei den Stadtwerken. "Etwa 50 Stück verkaufen wir jedes Jahr", sagt Halbach. Dabei ist der Spaß nicht ganz billig: Rund 2000 Euro plus Mehrwertsteuer kostet eine Leuchte mit Mast.

Neben dem Typ Alt-Düsseldorf sind in der Stadt noch vier weitere Varianten zu finden: Frankfurter-, Reihen- Ansatz- und Aufsatzleuchten. Fast alle stehen in Seitenstraßen der Innenstadt. Keine hingegen gibt es in den äußeren Vororten, die erst spät eingemeindet oder bebaut wurden, etwa in Angermund oder Garath. Denn auch wenn die Gas-Beleuchtung in großen Teilen erhalten geblieben ist, neue Laternen laufen stets mit Strom. Grund ist der Preis. Die Kosten für Wartung und Betrieb liegen bei Gas dreimal so hoch. Dafür freilich sind Gas-Leuchten langlebiger, sie halten 60 bis 80 Jahre, weil es an ihrer Spitze bis zu 200 Grad heiß wird. Das verhindert Korrosion. Ihre Strom-Verwandten bringen es nur auf 30 Jahre durchschnittliche Lebensdauer. Auch das ist ein Grund, weshalb die Laternen in Zukunft erhalten werden sollen. Ein anderer ist, dass eine Umrüstung auf durchgängigen Strom-Betrieb heute wohl eine dreistellige Millionensumme kosten würde. Deshalb sind nur die Hauptverkehrsstraßen umgerüstet worden. Dort reicht das Gaslicht aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht aus.

Der beste Grund aber dürfte sein, dass die Düsseldorfer ihre Gas-Laternen mögen. "Alle Leute, die ich kenne, finden die toll", sagt Jürgen Höywey. Und auch die Politik weiß die heimelige Atmosphäre, die das Gaslicht verbreitet, zu schätzen. 1998 stufte der Bauausschuss die Gasbeleuchtung als dauerhaft erhaltenswert ein. So schön sind unsere gasbetriebenen Leuchten:

Fünf verschiedene Varianten schmücken das Düsseldorfer Stadtbild:

Die Aufsatzleuchte ist die häufigste Gas-Laterne in Düsseldorf 6873 Stück stehen im Stadtgebiet. Sie heißt so, weil die Lampe auf den Mast aufgesetzt wird. Es handelt sich um ein Vorkriegsmodell aus den 30er und 40er Jahren.

Alt-Düsseldorf ist der Klassiker unter den Gas-Leuchten, dieser Typ ist der älteste, den es heute noch in der Stadt gibt. Seit 1866 wird er hergestellt in vieroder sechsflammiger Variante. 4334 Mal ist sie noch vorhanden.

Die Reihenleuchte stammt aus den 50er Jahren. Ihr Name rührt daher, dass die Leuchtkörper, anders als bei den anderen Modellen, in einer Reihe angeordnet sind. Es gibt sie in Varianten mit sechs, acht oder 14 Flammen so viele gibt es bei keinem anderen Typ. Die Reihenleuchte gehört damit zu den Gaslaternen, die das meiste Licht geben. Es ist aber immer noch weniger als bei den Stromleuchten. 3100 Exemplare gibt es noch in der Stadt.
Die Ansatzleuchte ist ebenso wie die Aufsatzleuchte ein Vorkriegsmodell. Sie gibt es deshalb auch nur mit vier oder sechs Flammen. Sie heißt so, weil die Leuchte seitlich an den Mast gesetzt wird. 2420 Stück stehen in Düsseldorf.

Die Frankfurter Leuchte ist eine Rarität aus den 30er oder 40er Jahren. Niemand weiß genau, wo sie entstanden ist, auch in Frankfurt nicht. In Düsseldorf steht fast der gesamte europäische Bestand: 280 Stück und davon fast alle im Hofgarten.



Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort