DTH-Manager Jochen Hülder: „Für das erste Konzert gab es 500 Mark Gage“

Band- Manager Jochen Hülder über Anfänge, Arbeitsstil der Toten Hosen und den Zusammenhalt bis zum bitteren Ende.

Düsseldorf. Band- Manager Jochen Hülder über Anfänge, Arbeitsstil der Toten Hosen und den Zusammenhalt bis zum bitteren Ende.

Herr Hülder, was sagen Ihnen „Die Pariser aus Düsseldorf“?

Hülder: Oh, das war einer der Namen, die 1982 nach dem Abschiedskonzert von ZK für die neue Band zur Verfügung standen. Dann wurde durchgestrichen, was nicht passte, und Die Toten Hosen blieben übrig. Der Name war Programm: Kein Inhalt, gegen alles — und Hauptsache durchdrehen, Spaß haben.

Sie waren zu der Zeit Praktikant beim Stadtmagazin Überblick.

Hülder: Der Überblick war eine kleine Mannschaft, Mitherausgeber Uli Leschak war Kellner im Ratinger Hof. Ich war der Praktikant und es hieß: Keiner kümmert sich um Punkrock, organisier’ mal was — und dann gab es Überblick-Abende mit Bands wie Male und Mittagspause.

Punk-Konzerte waren den Leuten damals etwas unheimlich.

Hülder: In Düsseldorf gab es dafür sogar ein Jahr lang ein Verbot, auch im Ratinger Hof. Ich bin dann auf andere Städte ausgewichen. Das Abwärts-Konzert haben wir im Haus Blumental in Krefeld gemacht, eine ganz normale bürgerliche Kneipe. Die waren etwas überrascht, als plötzlich 1000 Punks vor der Tür standen. Ich war an dem Abend gar nicht da, denn ich hatte mit Malaria in Bochum die größere Show. Aber ZK war Vorgruppe bei Abwärts. Später buchte ich sie als lokale Band erneut, war dann aber auch nicht beim Konzert. Da riefen die Jungs an und schlugen vor, dass wir uns mal kennenlernen.

Das war die Keimzelle der Hosen.

Hülder: Richtig. Campino und Andi kamen, auch Fabsi, der Schlagzeuger von ZK. Ich habe dann die ZK-Abschiedstour organisiert. Wir waren permanent pleite, haben es aber immer geschafft, zu unseren Konzertorten zu gelangen. Trini Trimpop von der gerade aufgelösten Band KFC hatte ich beim Überblick kennengelernt, er filmte die Tour.

Schlachthof in Bremen 1982: Welche Gage gab es beim ersten Hosen-Konzert?

Hülder: 500 Mark, das war eine Sensation, damit konnten wir den Sprit und das Essen finanzieren. Deswegen sind wir da überhaupt hingefahren. Ich konnte nicht mit, weil das Geld nur für ein Auto reichte.

Stimmt es, dass dort die „toten Hasen“ angekündigt wurde?

Hülder: Das stand sogar auf dem Plakat. Es war ein Übermittlungsfehler am Telefon.

Sie kannten mehrere Bands, aber die Hosen stachen für Sie heraus. Warum?

Hülder: Schon die Entstehung war faszinierend und lustig. Da wurde geprobt und Trini, der bei KFC Sänger war, sollte Sänger der Toten Hosen werden. Campino wollte Schlagzeug spielen. Dann wurde getauscht, obgleich Trini nicht richtig trommeln konnte, so wie Andi auch nicht richtig den Bass beherrschte. Und Walter November wurde mit seiner Gitarre gar nicht erst eingestöpselt, aber er machte eine gute Show. Für ihn kam schließlich Breiti. Das war alles null Ernst, das war Spaß, wir haben unheimlich viel zusammen gemacht.

Auch gearbeitet.

Hülder: Klar. Wir mussten selbst plakatieren, wenn das Geld nicht reichte, einmal Hilton bis Ratinger Straße und wieder zurück, bitte schön. Das ganze Büro war ein Team, und als ich mit Konzerten in der Uni-Mensa anfing, waren die Jungs Aufbauhelfer. Wir haben auch viel selbst organisiert. Auftritte, die ersten Plattenaufnahmen in den Rudas-Studios auf der Kreuzstraße, die Platten zu den Läden bringen.

Hat dieses Miteinander die 30 Jahre erst ermöglicht? Bei den Hosen ist der Begriff Freundschaft ja ganz wichtig.

Hülder: Ja, aber es spielen mehrere Faktoren hinein. Wir hatten von Anfang an eine Basisdemokratie und haben über alles geredet. Sehr unterschiedliche Charaktere konnten so unter einen Hut gebracht werden. Bis heute stimmen wir ab, jeder hat eine Stimme, die Band und ich. Bei den Schlagzeugern gab es einige Wechsel, die stimmen nun nicht mehr mit ab und so haben wir bei fünf Stimmen immer eine Mehrheitsentscheidung. Es gab aber auch, vor allem in den ersten Jahren, Spaß ohne Ende, und daraus ist eine Freundschaft entstanden. Es ist allen ziemlich schnell klar geworden, dass man alleine nie so weit kommen könnte.

Und dann ging’s aufwärts.

Hülder: Es hat sich alles langsam entwickelt. Wir haben die ersten beiden Jahre jedes Jugendzentrum abgeklappert, dann kam das Tor 3, dann Philips- und Westfalenhalle. Es ist für eine Band gut, wenn sie nicht gleich vor 10 000 Leuten steht. Parallel lösten wir uns von externen Firmen, ab 1990 lief die Zusammenarbeit mit Virgin aus und wir gründeten unsere Firma JKP. Das hat den Zusammenhalt ebenfalls verstärkt, alle sind in alle Prozesse früh eingebunden. Nicht hier Konzertagentur, dort Plattenfirma. Ein Beispiel: Das Plakat für unser Jubiläumskonzert in Bremen und das Cover der neuen Platte hat Andi entworfen, das Plakat hat er sogar selbst im Siebdruckverfahren hergestellt.

So eng ist es auch im Umfeld.

Hülder: Kiki, der unsere Touren organisiert, war Fan, Fahrer, Roadie, dann Tourleiter und ist heute Geschäftsführer einer Konzertagentur. Wolfgang Huber hat uns als Fan nach Bayern geholt, heute führt er „Kauf mich“, unsere Internetverkaufsfirma.

Hosen-Fahrer Faust ist der Erste, der in der Hosen-Gruft auf dem Südfriedhof liegt.

Hülder: Uwe Faust war unser erster PA-Verleiher. Überall gab’s nur schlechte Anlagen, wir wollten unsere eigene — und Faust war der Einzige, der mit uns arbeiten wollte. Für die anderen waren wir zu chaotisch. Faust dagegen hat uns unheimlich geholfen, auch wenn was kaputtging oder wir nicht bezahlen konnten. Er hat alles mit einer stoischen Ruhe ausgehalten. Im Gegenzug haben wir ihn bis zum Schluss beschäftigt, auch als er nicht mehr arbeiten konnte. Einmal tote Hose, immer tote Hose.

Stimmt es, dass die Band in Bühnenformation beerdigt werden möchte?

Hülder: Davon gehe ich aus.

Wollen Sie auch dort liegen?

Hülder: Ja klar. Ich denke Trini auch. Wir haben 15 Grabstätten, aber wir wollen’s ja noch ein paar Jahre machen. Mal gucken, wer noch dazu kommt.

Vielleicht feiern die Hosen ja auch noch ihren Fünfzigsten. Sie haben ja bereits selbstironisch von den schweinealten Punkern gesungen.

Hülder: Das kann gut sein. Wenn es keinen Erfolg mehr gäbe und keiner mehr zu den Konzerten kommen würde, sähe das vielleicht anders aus. Aber selbst dann machen wir vermutlich weiter, weil wir das immer gemacht haben.

Die Toten Hosen sind ein erstklassiger Werbeträger für Düsseldorf, das war gerade erst bei der Echo-Verleihung im Fernsehen zu sehen. Klinkt die Stadt sich irgendwie ins Jubiläum ein?

Hülder: Bei uns hat noch keiner angerufen.

Nach dem Konzert in Bremen spielt die Band 20 Wohnzimmerkonzerte bei Fans. Ist das die Erdung nach der Pause, so wie sonst Aufenthalte im November im unterkühlten Ibiza?

Hülder: So ist’s. Wir sind im Highway-Tiger durch Europa unterwegs, das ist der neunsitzige Bus eines Roadies. So ähnlich haben wir angefangen.

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