„Die spielen so gut wie Musikstudenten“

Dirigentin Silke Löhr über Anfänge und Entwicklung des Uni-Orchesters.

„Die spielen so gut wie Musikstudenten“
Foto: Uni-Orchester Düsseldorf

Das Düsseldorfer Universitätsorchester wird 30 Jahre alt. Von Anfang an leitet die Musikerin Silke Löhr das Orchester, das aus Studenten der Heinrich-Heine-Universität besteht. Heute Abend, 20 Uhr, findet das Jubiläumskonzert in der Tonhalle statt. Auf dem Programm stehen unter andrem die Symphonie fantastique von Hector Berlioz und das Vorspiel zu „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck.

Frau Löhr, wie war die Stunde null des Orchesters vor 30 Jahren?

Silke Löhr: Damals gab es kein Uni-Orchester in Düsseldorf. Und meine Schwester, die damals Medizin studierte, hat deshalb mit Kommilitonen Kammermusik gemacht. Es kamen immer mehr Musiker zu ihnen, die auch Klassik spielen wollten, und plötzlich entstand ein Orchester. Ich studierte damals im 3. Semester Schulmusik, hatte dadurch gewisse Grundkenntnissen in Schlagtechnik, und meine Schwester bat mich um Hilfe bei der Aufführung von Orchesterstücken.

Und wie kam es dann zum ersten Konzert?

Löhr: Im Sommersemester 1988 hatten wir bereits 50 Orchestermitglieder zusammen und wir konnten unser erstes Programm aufführen: Mozarts Klavierkonzert d-Moll und Schuberts „Unvollendete“ Dabei haben wir auch gemerkt, welch großer Bedarf da war, ein Orchester an der Universität zu haben.

Reichten Ihre Kenntnisse als Schulmusikerin zum Dirigieren?

Löhr: Ich habe durch dieses Orchester meine Liebe zum Dirigieren entdeckt, dann seit 1988 unzählige Dirigierkurse besucht und ab 1991 Orchesterleitung in Utrecht studiert.

Was war denn das erste Großprojekt des Orchesters?

Löhr: Wir haben schon früh mit Konzertreisen begonnen — mit Bussen und so billig, wie es eben ging. Ein Jahr nach dem Orchester hat sich auch der Uni-Chor gegründet und so entstand schnell das erste Gemeinschaftsprojekt. In Spanien kamen wir 2016 in die besten Konzertsäle des Landes. Weil das so inspirierend war, konnten wir hier ein besonders hohes musikalisches Niveau erreichen. Ein Dokumentarfilm, der dieses Jahr Premiere hat, wird davon berichten.

Gab es wichtige Weichenstellungen?

Löhr: Unsere erste Konzertreise ging an die Partneruniversität nach Nantes. Zufälligerweise hielt sich auch der damalige Universitätsrektor Gert Kaiser dort auf.

Silke Löhr, Leiterin des Uni-Chors

Er erfuhr von seinen französischen Kollegen für die Existenz unseres Orchesters viel Anerkennung. Dabei wusste er noch gar nichts von uns. Doch seitdem hat er uns gefördert. Er war es, der mir kurz vor seinem Amtsende den Titel „Akademische Musikdirektorin“ verliehen hat.

Was hat sich in den drei Jahrzehnten im Orchester geändert?

Löhr: Die Uni ist verschulter geworden, es gibt mehr Leistungs- und Zeitdruck. Das ist für die Mitglieder nicht ganz einfach. Dazu kommt, dass unsere Konzerte immer in den Klausurphasen stattfinden müssen, da unsere Besetzung jeweils nur ein Semester lang halbwegs stabil bleibt. Früher haben sich die Leute dadurch weniger unter Druck setzen lassen und das Studentenleben mehr genossen. Dafür haben wir heute mehr Studierende mit sehr hohem musikalischem Niveau. Die spielen so gut wie Musikstudenten, obwohl sie Medizin oder Jura studieren. Dass wir heute Beethovens „Neunte“ oder eben Berlioz’ „Fantastique“ aufführen können, ist ein Anzeichen des hohen Niveaus. Früher hätte ich auf die Frage, ob wir das machen können, geantwortet: Niemals!

Ist es schwierig, immer wieder neue Mitglieder zu gewinnen?

Löhr: Gerade dieses Semester haben wir wieder viel guten Nachwuchs bekommen. Einer Medizinstudentin im 1. Semester haben wir mal gesagt: „Du hast nie wieder so viel Zeit wie jetzt, in einem Orchester mitspielen zu können.“ Sie war dann eine hervorragende Konzertmeisterin und hat fünf Jahre mitgespielt. Wir machen auch Werbung zu Semesteranfang. Wir wissen nie, was und im nächsten Semester erwartet. Eine Zeit lang gab es z. B. einfach keine Kontrabassisten. Ganz planbar ist das nie.

Sind vor allem Mediziner im Orchester?

Löhr: Mediziner sind stark vertreten, aber unsere Orchestermitglieder stammen aus allen Fakultäten. Sogar Professoren spielen und singen in unseren Ensembles.

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