Die Rückkehr des Rosenkavaliers

Otto Schenks Inszenierung von 1981 ist wieder in der Rheinoper zu erleben. Sie begeistert als zeitloses Werk und mit einer hervorragenden Besetzung.

Die Rückkehr des Rosenkavaliers
Foto: Matthias Jung, Simon Pauly

Düsseldorf. Es ist ein Irrtum, behaupten zu wollen, früher sei immer alles besser gewesen. Aber auch reflexartig das Vergangene und Traditionelle als verstaubt und nicht mehr zeitgemäß zu titulieren, ist mindestens genauso ignorant. Wenn es um traditionelle Inszenierungen geht, insbesondere beim Musiktheater, bei der Oper, befindet man sich schneller als man denkt auf dem Schlachtfeld eines Glaubenskrieges, der fast schon entschieden zu sein scheint. Man sollte, die Krieger auf beiden Seiten der Front jedoch getrost sich selbst überlassend, einfach auf sein ästhetisches Empfinden, auf sein Herz hören. Sowohl Regietheater - der Begriff sollte ganz wertungsfrei verwendet werden -, ein „moderner“ neu deutender Zugang also, als auch traditionelle, ganz der Sphäre des Werkes verhaftete Inszenierungen, können begeistern, können die Idee des Werkes, der Musik und des Librettos lebendig vor Augen führen. Qualität gibt es auf beiden Seiten.

Was man allerdings beim Premierenrausch, der Sucht nach dem Neuen und Ungesehenen, vergisst, ist, dass es auch lohnen kann, sich Produktionen noch einmal vor Augen zu führen, die seit Jahrzehnten gespielt werden. Wiederaufnahmen also, die leider oft in der öffentlichen Wahrnehmung unter den Tisch fallen, sind sie auch gewissermaßen so etwas wie das Rückgrat, der stabile Kern eines jeden guten Opernhauses. Und werden sie auch jedes Mal durch oft wechselnde Besetzungen wiederbelebt.

Ein zeitlos lebendiges Beispiel für eine recht betagte und überaus traditionelle Inszenierung ist Otto Schenks Rosenkavalier, die seit ihrer Premiere 1981 inzwischen 112 Mal an der Deutschen Oper am Rhein gespielt wurde. Zurzeit ist sie wieder an der Heinrich-Heine-Allee zu erleben. Die bis ins Detail voller ästhetischem Esprit gestaltete hohe Kunst der Bühnenbildnerei, der Kostümbildnerei, der Ausstattung als Ganzes und nicht zuletzt die feinsinnige und vollmundig aus dem Geist des Werkes schöpfende Regie haben jeden Wandel überdauert. Nostalgisch ja, genauso nostalgisch wie Strauss‘ Musik, die dennoch gleichfalls kein Jahr gealtert zu sein scheint. Denn gerade Nostalgie, der vielleicht etwas verklärte Blick auf die „gute alte Zeit“, ist etwas, das stets glaubwürdig bleibt. Das zeitlos Menschen mit einem behaglich warmen Gefühl umschwebend Möglichkeiten bietet, dem Heutigen zu entfliehen. Dekadente Realitätsflucht? Und wenn schon. Die „Komödie für Musik“ von Strauss und Hofmannsthal spielt doch gerade so elegant mit der „Zeit“ als Motiv.

Doch die Wiederaufnahme unter der durchaus gelungenen musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Axel Kober, der je nach Geschmack etwas zu massiv im romantischen Subtext der Strausspartitur badete, hielt auch wahrlich Neues bereit: zwei statt den ursprünglich geplanten drei Rollendebüts und drei ganz hervorragende Sopranistinnen. Die Rolle des Octavian musste kurzfristig von der mit einer großen Stimme gesegneten ukrainischen Mezzo Alexandra Kadurina (seit 2017 im Ensemble des Staatstheaters Karlsruhe) übernommen werden. Elena Sancho Pereg, seit 2014 im Ensemble der Rheinoper, debütierte souverän in der Rolle der Sophie, wenngleich diese Partie ihr gesanglich nicht auf den Leib geschrieben worden zu sein scheint.

Bei der amerikanischen Sopranistin Jacquelyn Wagner als Feldmarschallin ist es anders. Überragte sie schon als Arabella, so konnte sie nun auch erneut eindrucksvoll ihre nicht alltägliche Qualität unter Beweis stellen. Diese zeigt sich in einem untrüglichen Gespür für Strauss weit gespannte Phrasen; fein, warm und charaktervoll gefärbt und vielschichtig ist ihre Stimme. Glänzte sie an diesem Tag vielleicht auch nicht ganz so hell, wie man es von ihr gewohnt ist, durchströmt ihren Gesang eine große stilistische Kultur, die so relativ selten zu hören ist.

Übrigens ist es kein Wunder, dass Strauss ihr so gut liegt. Seine Musik begleitet sie schon seit ihrer Kindheit, wie sie in einem Gespräch im Vorfeld der Wiederaufnahme selbst erzählte. „Ich liebe diese lyrische Musik mit der Komplexität des Orchesters und dann darüber die Sänger. Wie sich das mischt, empfinde ich als wirklich unglaublich. Wirklich meisterhaft, was er gemacht hat“, schwärmt sie und betont, dass Strauss ihr Lieblingskomponist sei. Doch war der Düsseldorfer Rosenkavalier auch in anderer Hinsicht ein Idealfall für Wagner. Ist sie doch bekennende Liebhaberin von „klassischen Inszenierungen“. In diesem Fall sei es für sie „wirklich wahrer Luxus“, mit einer Otto-Schenk-Inszenierung in die Rolle einsteigen zu können.

Eine weitere Besetzung, die auch schon in Arabella für Begeisterung sorgte, war Bjarni Thor Kristinsson als Ochs. Wie schön, wenn so viele gut sitzende Stimmen einen Opernabend auch sängerisch zu einem Genuss werden lassen.

Der Rosenkavalier ist noch am 3. Juni, 15 Uhr sowie am 9. und am 23. Juni, jeweils 18.30 Uhr zu erleben. Karten gibt es unter Telefon 0211 8925211 oder operamrhein.de

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