Die Osters schreiben Imbissgeschichte

Mit 74 und 83 Jahren klappern Elli und Friedhelm Oster in ihrem Snack-Mobil die Baustellen der Stadt ab — seit 50 Jahren.

Düsseldorf. Es ist eine Art klassenlose Gesellschaft, die sich da vor Friedhelm und Elli Osters Imbisswagen versammelt hat. Anzug und Designerbrille treffen auf Achselshirt und Schweißgeruch. Vor der Currywurst sind dann eben doch alle Menschen gleich. Ob Kundenberater oder Bauarbeiter.

Jeden Mittag strömen sie zu dieser kleinen mobilen Oase zwischen Bürobauten und Baustellen an der Böhlerstraße. „Das hat was von St. Pauli hier“, sagt Web-Consulter Fabian Erhardt mit Blick auf das bunte Völkchen um ihn herum. Eine bessere Kantine könne man sich gar nicht wünschen. Das Essen sei sehr lecker und Friedhelm und Elli hätten immer eine gute Geschichte zu erzählen. „Das sind echte Düsseldorfer Originale.“ Und zwar mit einem gewaltigen Stück Imbissgeschichte auf dem Buckel.

Hunderttausende von halben Hähnchen haben Friedhelm und Elli Oster in ihrem Leben bestimmt schon verkauft, wohl mehr als jeder andere in Düsseldorf. Vor 50 Jahren eröffnete er an der Merowinger Straße sein erstes Schnellrestaurant. Es folgten sechs weitere, die meisten in Bilk. Ehefrau Elli stieg kurz nach dem Start mit ein. Heute ist er 83, sie 74 Jahre alt. Und die beiden stehen immer noch Tag für Tag hinter der Theke.

Irgendwann in den 70er Jahren wurde sie mobil. Es entstand ein „ambulanter Imbiss“, wie Friedhelm Oster das ausdrückt. Und tatsächlich hat sein Beruf etwas von Notfallversorgung. Die Osters klappern mit ihrem Kastenwagen vor allem Baustellen in Gewerbegebieten ab — und da ist nicht nur der Hunger besonders groß, sondern meist ist schlicht kein gastronomisches Angebot vorhanden. So versorgten die Osters unter anderem die Arbeiter auf den Großbaustellen von Vodafone, E-plus und jetzt von der Telekom.

Zurzeit sind es vier Baustellen, die die Osters mit ihrem Mercedes 210 abfahren. Nach der Station an der Böhlerstraße klappern sie die Hansaallee ab. Der Tag ist lang. Um sechs Uhr morgens braten die beiden die ersten Frikadellen, abends um 18 Uhr beginnt das Großreinemachen im Wagen. Trotzdem sagt Friedhelm Oster: „Es macht eine herrliche Freud’.“ Und wenn er das so sagt, merkt man ihm weder seine fünf Bypässe noch seine Arthrose im Knie an. Und auch nicht, dass die Rente knapp ist und sich die beiden deshalb etwas dazuverdienen.

Doch darüber will Friedhelm Oster eigentlich nicht sprechen. Viel lieber erzählt er von seinem Rezept für die Curry-Soße. „Das haben wir über die Jahre immer weiter verfeinert. Mit frischem Curry und frischem Chili.“ Das A und O sei aber etwas ganz anderes. „Wichtig ist, die Wurst kalt zu würzen.“

Stolz ist Oster auf seine Champignon-Rahm-Soße. Das Wort „Jägerschnitzel“ käme ihm nicht über die Lippen. „Das klingt zu simpel.“ Denn das Rezept stammt nach Osters Lieblingsgeschichte aus dem Grandhotel Ritz in Paris. Dort hatte der 83-Jährige einige Wochen hospitiert und sich die Kreation von einem Koch abgeguckt. Ein Glück für Düsseldorfs Bauarbeiter. Denn wo gibt es eine Art Sterneschnitzel für sechs Euro?

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