Düsseldorf Die Leica brachte flüchtendem Paar Glück

Lilo und Fred Stein machten im Exil aus ihrem Hobby einen Beruf. Die Mahn- und Gedenkstätte zeigt ihren Lebensweg und berühmte Fotos.

Düsseldorf. Die gebrauchte Leica hatten sich Lilo und Fred Stein selbst zur Hochzeit geschenkt. Fotografieren war ihr Hobby. Der 24-jährige Jurist und seine Frau stammten aus betuchten bürgerlichen Familien in Dresden, doch schon 1933 stand für Stein, Jude und Sozialist, fest: Das junge Paar muss Deutschland verlassen.

Das Porträt von Hannah Arendt (l.) fotografierte Fred Stein 1944 in New York.

Das Porträt von Hannah Arendt (l.) fotografierte Fred Stein 1944 in New York.

Foto: Sammlung Peter Stein

Als Hochzeitsreise getarnt flüchteten die beiden nach Paris — die erste Station ihres Exils. Im Gepäck die Leica, mit der Fred Stein Straßenszenen aufnahm, Kinder in Flüchtlingslagern und Porträts in ihrer Wohnung am Montmartre — im Flur war das Studio, das Bad die Dunkelkammer. „Wir hatten vorher erst drei Filme mit der Leica verknipst“, erzählte Stein später. Nach Paris kam New York, wo rund 1200 Fotografien von Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Fidel Castro Marlene Dietrich oder Gustaf Gründgens entstanden.

Das jüdische Ehepaar Lilo und Fred Stein (r.) flüchtete von Dresden über Paris in die USA.

Das jüdische Ehepaar Lilo und Fred Stein (r.) flüchtete von Dresden über Paris in die USA.

Die Mahn- und Gedenkstätte zeigt von Montag an 72 Fotografien von Lilo und Fred Stein. Aus dem Jüdischen Museum in Berlin stammt die Ausstellung, die bis Ende Mai in Düsseldorf zu sehen ist. Neben 56 Aufnahmen der Schau haben die Kuratorinnen der Gedenkstätte Hildegard Jakobs und Andrea Kramp 16 Bilder ergänzt. Sie stammen aus dem persönlichen Archiv von Peter Stein, dem Sohn des Paares. Er kommt zur Eröffnung aus New York und wird aus dem Leben seiner Eltern berichten.

Zum Beispiel, dass seine Mutter für Willy Brandt schwärmte, der eng mit den Steins befreundet war. Sie kannten sich durch die politische Arbeit im Widerstand. Auch ein Porträt von Brandt ist in der Schau zu sehen. Die Bilder sind ergänzt mit Texttafeln, darauf Zitate der Steins, Berichte von der Flucht 1933 nach Paris und 1941 nach New York.

„Wir waren alle Flüchtlinge und schlugen uns durch so gut es ging.“ So beschreibt der spätere Fotograf diese Zeit. Mit Gelegenheitsjobs hielten sich die beiden über Wasser. „Wir erkennen Parallelen zu den Biografien der Düsseldorfer, die damals geflüchtet sind. Das Thema ist aber natürlich auch aktuell sehr präsent“, erklärt Hildegard Jakobs, stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte. Der mutige Entschluss, alles hinter sich zu lassen und in einem neuen Land neu anzufangen. „Stein konnte ja nicht in seinem Beruf arbeiten. Als Jurist für deutsches Recht stand er vor dem Nichts.“

Dass die Steins dennoch ihren Humor nicht verloren hatten, beweist auch das Zitat, in dem Stein das neue Zuhause in den USA als „Viertes Reich“ bezeichnet. Der Gedenkstätte gelingt es, die ohnehin sehenswerten Fotografien mit der Geschichte dieses jungen Paares um eine berührende Dimension zu ergänzen — die auch nach dem Besuch noch nachhallt.

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