Die Kirche wird zum Opernhaus

Die Kirchenmusikerin Susanne Hiekel hat sich im Luther-Jahr viel vorgenommen.

Die Kirche wird zum Opernhaus
Foto: privat/Hiekel

In der Tonhalle dirigiert Susanne Hiekel am Reformationstag, 31. 10., 19 Uhr, die Uraufführung einer neuen Kantate des Komponisten und Kirchenmusikers Professor Matthias Nagel im Rahmen eines großen Reformationsfestprogramms unter Mitwirkung vieler evangelischer Kantoren und Kirchenchöre der Stadt. Und am 18. und 19. November, jeweils 18 Uhr, hebt sie die Kirchenoper mit dem lateinischen Titel „In exitibus“ — „Auf Scheidewegen“ — von Alexander Stessin in der Mutterhauskirche Kaiserswerth aus der Taufe.

Frau Hiekel, warum stemmen Sie gleich zwei Projekte zum Thema Reformation?

Susanne Hiekel: Na ja, die beiden Aufführungen haben miteinander nicht so viel zu tun, außer dass sich beide auf das Reformationsjubiläum beziehen und es zu diesem Thema zum Glück viele unterschiedlich musikalische Programme gibt, die sich lohnen aufzuführen.

Was hat es denn auf sich mit der Kantate von Matthias Nagel?

Hiekel: Mir lag es am Herzen, dass in der Tonhalle auch die sogenannte Popularmusik zum Zuge kommt. Es handelt sich um eine kleine Kantate im Jazz- und Pop-Stil mit dem Titel „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“. Das ist gleichzeitig das Motto des Reformationsjahres für die Evangelische Kirche im Rheinland. Der Text — eine Nachdichtung des Psalms 126 — stammt von Hanns Dieter Hüsch, der es geschafft hat, Leichtes mit Schwerem zu verbinden. Heiteres hat bei Hüsch ja oft einen ernsten Hintergrund. Und der Musik der Kantate gelingt es, diesen vertrauensvollen, heiter-ernsten Charakter aufzugreifen und zu vertiefen.

Ihr größeres Projekt findet in Kaiserswerth statt: Uraufführung einer Kirchenoper. Worum geht es?

Hiekel: Ja, die Oper „In exitibus“ ist von der Dimension her etwas ganz Anderes. Die Oper des Leipziger Komponisten Alexander Stessin und der Librettistin Nicola Glück setzt sich mit der Aktualität der Ideen und Errungenschaften der Reformation auseinander. Es geht um das Ringen der Menschen darum, das Leben verantwortungsvoll zu führen und nach dem für sie stimmigen Lebenskonzept zu suchen.

Wie spiegelt sich das in der Handlung wider?

Hiekel: Das Szenario der Oper beginnt damit, dass Menschen im Angesicht einer gerade passierten Katastrophe Zuflucht in der Kirche suchen. Hier treffen sie auf den Vorsteher der Gemeinde, den Priester P, der ihnen Sicherheit zu geben versucht, und auf M, einen Menschen, der sich aufmacht, nach neuen Wegen und Lösungen zu suchen. Zunächst lässt sich nur ein kleiner Teil der Menschen von seinen Ideen begeistern, die größere Gruppe der Menschen hält sich an P. Daraus entspinnt sich eine konfliktreiche Handlung.

Wer spielt die Hauptrolle?

Hiekel: Die Kinder! Sie verkörpern die Stimme Gottes, die zunächst kaum zu hören ist. Das Hellhörigsein für diese Stimme ist ein wichtiges Thema in der Oper. Zu den Hauptaussagen des Stücks gehört: „Wir können Hilfe erwarten, aber wir müssen die Verantwortung für unser Leben selber tragen.

Wie klingt die Musik?

Hiekel: Die musikalische Dramaturgie geht aus der Fragestellung des Stückes hervor: Sie stellt Gewohntes und Innovatives, Geordnetes und Zufälliges gegenüber. Gregorianische Melodien stehen für das Traditionelle, das uns Halt in großer Not geben kann, davon heben sich moderne, dissonante Klänge, komplexe Rhythmen der Zeitgenössischen Musik ab. Diese Gegensätze stehen nebeneinander, verschmelzen miteinander und stellen so die Auseinandersetzung von Altem mit Neuem dar.

Spielt der Kirchenraum eine Rolle?

Hiekel: Ja, die Handlung der Oper spielt ja im Kirchenraum und da das Stück ja für die Mutterhauskirche geschrieben wurde, wird die Raumwirkung auch musikalisch genutzt, indem neben den Chören und dem Orchester, die unten im Kirchraum verortet sind, auch von oben die große Kirchenorgel erklingt, auf der Orgelempore ist auch das große Schlagwerk positioniert.

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