Design-Museum unter Verschluss

Mehr als 14 000 Exponate schlummern in der Messe. Ende April startet eine Schau.

Düsseldorf. Der Ausflug der Menschheit in virtuelle Welten und die Fortentwicklung von Herstellungsmethoden aller Art haben das Design immer wichtiger werden lassen. Funktionieren reicht nicht, es muss auch gut aussehen. Ein Beweis dafür, dass Industrieprodukte längst ein bewusst wahrgenommener Teil der Kulturgeschichte sind, war die erste Ausstellung im NRW-Forum. Da ging’s unter dem Motto „Er läuft und läuft und läuft“ um den VW Käfer.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass zeitgleich 14 000 Exponate des Deutschen Kunststoffmuseum in Stockumer Messehallen mehr oder weniger gut verstaut auf eine bessere Zukunft hoffen. „Die Temperaturen hier liegen übers Jahr bei fünf bis 20 Grad“, sagt Uta Scholten, die über eine robuste Physis verfügt. Beim Besichtigungstermin mit Messe-Chef Werner Dornscheidt herrschen acht Grad — die Kunsthistorikerin hält das einige Stündchen aus, ohne krank zu werden.

Beim Rundgang kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Da steht ein pechschwarzes Telefon aus Bakelit, die Drehscheibe wirkt vertraut, aber die Rufnummer 112 und die Aufschrift „Volkspolizei“ daneben verwundern. „Bakelit war der erste vollsynthetische Kunststoff“, erläutert die Historikerin. „Bis Anfang der 60er Jahre gab es ein deutsch-deutsches Einheitstelefon, dann aber haben beide Länder eigene Apparate entwickelt.“

Bei einem Handy, das wie eine klobige Tasche wirkt, fühlt sich Dornscheidt an die Anfänge der Messe in Moskau erinnert. „So ein Ding hatten wir dort 1990. Es kostete 12 000 Mark.“ Scholten verwaltet dicke Notebooks, die alles andere als praktisch wirken, die ulkigsten Fernseher, mechanische Rasierapparate für die Reise, Fotoapparate, Maschinen, sogar einen Trabi — es ist eine Reise in die Vergangenheit der Formen und Farben.

Der orange Panton-Stuhl ist ebenso ein Wort wert wie das älteste Stück der Sammlung: ein Handspiegel aus Schellack von 1855. „Der ist aus englischer Produktion“, erklärt die Kuratorin, „in den Kolonien hatte man Zugriff auf das Sekret der tropischen Laus, aus dem Schellack gewonnen wurde.“

So interessant wird es immer, wenn Uta Scholten zu erzählen beginnt. Dies passt zum Wesen des Kunststoffmuseums, das immer wieder mit Einzelausstellungen auf Reisen geht und seine Exponate digitalisiert, damit man sie zumindest im Netz bewundern kann. „Es ist sehr schade, dass wir diese Schätze nicht ausstellen können“, sagt der Messe-Chef, „wir bräuchten 1000 Quadratmeter.“ Wer heute Ähnliches sehen möchte, fährt nach Köln — dort gibt es ein Museum für angewandte Kunst.

Die Messe ist ein engagierter Unterstützer des Kunststoff-Museums-Vereins. Als Gastgeber der Kunststoffmesse liegt dies auf der Hand.

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