Der Werbehauptstadt gehen die Werber aus

Die Traumbranche muss um Nachwuchs kämpfen. Allein BBDO sucht über 800 Leute.

Düsseldorf. Für einen Job in der Werbung taten sie (fast) alles. Beispielsweise die Bürotoiletten in einer Agentur mit dem eigenen Foto plakatieren. Vorbei. Gerade in Düsseldorf, wo sich die großen Agenturen knubbeln, wird es immer schwieriger, talentierten Nachwuchs aufzutreiben. Allein bei Deutschlands größter Werbeagentur BBDO sind etwa 850 Stellen, die meisten davon in Düsseldorf, unbesetzt.

Die Branche hat an Glamour-Faktor eingebüßt. Gut ausgebildete Jungakademiker zieht es häufiger in die Industrie oder zu Unternehmensberatungen, wo besser bezahlt wird. Dazu schlägt der technische Wandel in der Medienbranche voll auf den Werbemarkt durch. Neben Sprücheklopfern sind vor allem Computerfreaks gefragt, die mit neuen Internetwerbeformen umgehen können.

"Es war zwar noch nie leicht, guten Nachwuchs zu finden", sagt Ralf Zilligen, Kreativchef bei BBDO. "Aber es ist schwieriger geworden, die richtig Guten zu bekommen." Er sagt: "Wir haben bei jungen Leute den Avantgarde-Faktor eingebüßt."

Das merken auch andere. "Die Tore unserer Online-Tochter sind weit geöffnet, aber keiner geht durch", ließ Lothar Leonhard, Chairman von Ogilvy & Mattherzuletzt verlauten. Ähnlich ist es bei der Agentur Butter: "Vor allem für den Internetbereich suchen wir Leute", sagt Geschäftsführer Rolf Schrickel.

Um zehn Prozent ist Butter dieses Jahr personell gewachsen. Es werde weiter eingestellt, auch weil die Agentur Etats hinzugewonnen hat, zuletzt einen der Stadtwerke. Aber, so Schrickel: Vor allem junge Männer, die sich bewerben, seien zwar selbstbewusst, aber oft kaum ausreichend qualifiziert.

Bei Grey ist die Lage noch entspannt. "Wir sind ja nicht alle", spielt Chef Uli Veigel auf den guten Namen an, den die Agentur hat. Dennoch sagt er: "In einigen Bereichen, etwa Online, müssen wir schon verstärkt suchen."

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) hat berechnet, dass die Zahl neuer Stellen dieses Jahr um fast ein Drittel gestiegen ist. Da rächt sich, dass man den Nachwuchs Jahre lang hat zappeln lassen. Zudem es in der Werbung kaum geeignete flexible Arbeitszeitmodelle, attraktive Vergütungssysteme oder eine strategische Karriereförderung gibt, mit denen andere Branchen Nachwuchs ködern.

Werbestadt Als Hauptstadt der deutschen Werbung wird Düsseldorf gerne bezeichnet. 990 Agenturen arbeiten nach Angaben der städtischen Wirtschaftsförderung in Düsseldorf, über 6000 Menschen sind dort beschäftigt. Mit über vier Milliarden Euro jährlichem Umsatz tragen sie zum wirtschaftlichen Leben in der Stadt bei.

Werbung Bekannte Sprüche der Werbegeschichte wurden in Düsseldorf erfunden. Unter dem Slogan "Ist das neu? Nein, mit Perwoll gewaschen", machte BBDO das gleichnamige Waschmittel berühmt. Die Agentur Butter stellte für VW fest, dass der Käfer "läuft und läuft und läuft" - und Grey ließ das HB-Männchen in die Luft gehen.

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