Der unbekannte Brauch: das Kar-Ratschen

In einigen Stadtteilen wird das Läuten der Glocken am Karfreitag ersetzt — so auch in Lörick.

Der unbekannte Brauch: das Kar-Ratschen
Foto: Sergej Lepke

Klack klack klack — ein durchdringendes Geklapper tönt durch die Straßen von Lörick. Freudig ist der Anlass nicht: Es ist Karfreitag, der Tag, an dem Jesus starb. Aber die jungen Messdiener, die in ihren Gewändern an diesem Morgen klackernd durch den Stadtteil ziehen, haben Spaß bei ihrer Mission. Das Klackern stammt von sogenannten Ratschen oder Klappern, mit denen sie die Menschen an die Karfreitagsmesse erinnern wollen.

Nun besitzt wohl jeder Löricker eine Uhr, und auf dem Feld arbeitet auch längst keiner mehr. Aus jener Zeit stammt aber dieser alte Brauch, das Kar-Ratschen. Diakon Frank Zielinski, der als Jugendlicher an Karfreitag selbstverständlich auch geratscht hat, erläutert: „Da heute die Glocken schweigen müssen, wurden die Menschen auf diese Weise an das Angelusgebet erinnert.“

So wird das Kar-Ratschen, wie in einigen anderen Düsseldorfer Stadtteilen, auch in Lörick lebendig gehalten. Die jungen Messdiener wissen nicht, wie die Menschen, die ihnen im Pyjama oder Jogginghose die Türe öffnen, reagieren werden. So sagt eine Dame resolut: „Ich kaufe nichts an der Tür!“, als sie selbige öffnet. Soll sie auch nicht, sondern gefärbte Eier oder Bares spenden. „Guten Tag, können Sie was mit Karfreitag anfangen?“, fragen Jonas und Dominik. Das wiederum kann die Dame, die findet, dass „alle Bräuche Freude bringen und uns zusammen halten“. Diejenigen, die die Tür öffnen, begrüßen das Quartett sehr freundlich: „Wir waren schon wach.“ Auch eine Familie, die neugierig durch die geöffnete Tür lugt, zeigt sich interessiert. „Ich finde das super, wie sich junge Menschen engagieren. Wir sind an Karfreitag sonst nie da, daher kennen wir den Brauch nicht“, sagt der Familienvater.

Der Bollerwagen, den die Jungs mitführen, füllt sich. Auch Süßes — eigentlich tabu an diesem Tag — ist darunter. Auge zugedrückt, die Kar-Ratscher dürfen mal naschen. Als Wegzehrung versteht sich. Und: Um Kraft für die Strategien-Entwicklung zu „tanken“. „Gut sind die Häuser mit dem Sternsingerzeichen“, verraten sie grinsend. Aber auch „angeratschte“ Menschen, die so gar nichts mit Kirche am Hut haben, zeigen sich offen. „Nehmen wir auch was von Leuten, die ein Bayern-T-Shirt tragen?“, feixt Jonas. Selbstverständlich darf er. „Wir hatten mal einen evangelischen Anwohner und auch mal einen Atheisten, die haben auch gespendet.“

Dominik (14) ist zum vierten Mal dabei. Er sagt: „Die Meisten freuen sich, wenn wir kommen, sind vorbereitet und die Spenden liegen schon im Flur.“ Fazit nach der „Rosen-Siedlung“: Dort war man äußerst spendabel. Diakon Zielinski: „Für die Kinder ist es eine schöne Aktion, bei der sie etwas gemeinsam machen und sich über das Ergebnis freuen können.“

Vier Gruppen sind heute unterwegs. 25 von 60 Messdienern sind auf den Beinen. Die Kinder und Jugendlichen sammeln für die Agape-Feier. Diakon Zielinski hatte die Aktion im Jahr 2010 anregt, weil die Messdienerkasse leer war: „Davor gab es bei der Gemeinde keine Agape-Feier. Nun sitzen wir nach der Feier der Auferstehung Jesu Christi im Pfarrzentrum Lörick gemütlich zusammen, essen Ostereier und Hefezopf und teilen mit Anderen die Osterfreude.“

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