Kultur Hermann Nitsch: Der Senior der Aktionskunst in Düsseldorf

Hermann Nitsch stellt bei Geuer & Geuer aus und schwärmt von einer Kunst mit Blut und Farbe.

Kultur: Hermann Nitsch: Der Senior der Aktionskunst in Düsseldorf
Foto: Sergej Lepke

Hermann Nitsch ist einer der bekanntesten Vertreter des Wiener Aktionismus. Berühmt wurde sein Orgien-Mysterien-Theater. Mit Lärmorchester, Schreichören und elektrisch verstärkten Instrumenten hat er das Leben als Passion angedeutet und außer Farbe immer auch Blut auf große Leinwände geschüttet. Jetzt aber saß er wie ein Häufchen Elend in der Galerie Geuer & Geuer. Wie immer in Schwarz gekleidet, aber mit einem so mächtigen Bauch versehen, dass er sich kaum vom Stuhl erheben konnte. Das Gesicht hat einen ergrauten Gottvater-Bart.

Die Zeiten, da er verhöhnt, verfemt und verfolgt wurde, sind längst Geschichte. Er ist auch kein Bürgerschreck mehr. Inzwischen ist er Schlossherr in Prinzendorf in Niederösterreich, hat seit zehn Jahren über seinen Galeristen und Freund Peppe Morra in Neapel ein ausschließlich ihm gewidmetes Museum in einem ehemaligen Elektrizitätswerk und begründete vor neun Jahren die Nitsch-Stiftung, damit sein Gesamtkunstwerk für alle Ewigkeit dokumentiert wird.

Das ist nicht einfach, denn Nitsch hat Tiere ausgeweidet, Menschen mit Blut beschmiert und das Rot als Farbe oder Lebenssaft über die Leinwände gekippt. Armin Zweite kaufte so ein Schüttbild als Breitwand-Panorama für die Sammlung an.

Wie er zum Blut als Malmittel kam? „Mit der Geburt. Wie ein Embryo habe ich alle Stadien der Kunst durchgemacht“, sagt er. Ob er seinen Aktionismus als Protest gegen die herkömmliche Museumskultur gesehen hat. Er winkt ab. Politik interessiere ihn nicht. Es gehe um „Tieferes“. Der nächste Satz wird von einem starken Husten und Prusten unterbrochen. Er entschuldigt sich, er sei jetzt eben alt.

Seine Botschaft an die Jugend ist dennoch fast jung: „Ich möchte mit meiner Arbeit einen Lehrgang des Sinnlichen bieten. Ich kultiviere ja auch ein sehr spezielles, dionysisches Verhältnis zu Essen und Trinken.“

Das Verhältnis zum Essen glaubt man ihm kaum noch. In der Galerie Geuer & Geuer gab es jedenfalls belegte Brötchen und Kekse. Und an den Wänden hing viel Knatschrot, meist in Ölfarbe.

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