Der Schrecken von VW aus Düsseldorf

Professor Marco Rogert vertritt 1800 Mandanten im Skandal um die Schummel-Software.

Der Schrecken von VW aus Düsseldorf
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Wenn man mit einem sympathischen Lächeln Prozesse gewinnen könnte, dann wäre Professor Dr. Marco Rogert im Gerichtssaal unschlagbar. Aber der freundliche Rechtsanwalt, dessen Wissen über Autos praktisch unerschöpflich ist, kann auch ganz anders. Seine Kanzlei vertritt 1800 Mandanten, in deren Diesel-Fahrzeugen die Schummel-Software eingebaut ist.

Hagelte es zunächst bei vielen Gerichten noch Niederlagen für die Kunden, gelang Rogert nicht nur die Wende: „Wir haben es geschafft, dass erstmals Volkswagen selbst verurteilt worden ist. Bisher waren es immer nur Autohäuser.“ Seitdem herrscht Unruhe in der Wolfsburger Konzernzentrale. Denn der Jurist hat noch weitere Pfeile im Köcher, die VW eine Menge Geld kosten können. Das Urteil des Landgerichtes Hildesheim im Januar hat für großes Aufsehen gesorgt. Rogert: „Erstmals wurde in Deutschland festgestellt, dass es sich bei der Software um Betrug handelt.“ Dem Kunden musste VW fast den kompletten Neupreis für seinen Skoda ersetzen. In dem Urteil wird von einer Verbrauchertäuschung gesprochen, die zu vergleichen sei mit Glykol im Wein oder Pferdefleisch in der Lasagne. Kurz danach hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen Betruges gegen Martin Winterkorn wieder aufgenommen, die zeitweise eingestellt waren. „Ich gehe davon aus, dass es mit dem Urteil aus Hildesheim zu tun hat“, ist der Professor für Wirtschafts- und Logistikrecht überzeugt.

Für ihn ist das Urteil nur logisch: „In Amerika hat Volkswagen längst zugegeben, dass es sich um einen Betrug handelt. Und es geht um die gleiche Software.“ Dass die Klagen in Deutschland bislang oft scheiterten, liegt an der besonderen Rechtslage. Dem Verkäufer muss eine Chance zur Nachbesserung gegeben werden: „Das ist juristisch so etwas wie eine heilige Kuh.“ Für Rogert ist das keine Lösung. Seine Kanzlei vertritt inzwischen 50 Autobesitzer, die Probleme mit veränderten Software haben: „Oft stottern die Motoren, der Rußpartikelfilter setzt sich zu und verstopft die Ventile.“ Dann muss der Wagen wieder in die Werkstatt.

Die Nachfrage nach den Ventilen sei aber inzwischen so groß, dass sie gar nicht mehr lieferbar sind. Der Jurist hält die gesamte Rückrufaktion für illegal. Denn rechtlich sei es gar nicht möglich, den Mangel auszugleichen. Für die Dieselfahrzeuge gibt es eine EU-weite Typenzulassung, die rechtsverbindlich ist. Da stehe von der zusätzlichen Software nichts drin: „Die Autos fahren also illegal auf unseren Straßen. Daran kann auch eine veränderte Software nichts ändern.“ Rogert rechnet damit, dass sich in ein bis zwei Jahren der Bundesgerichtshof mit dem Thema beschäftigen wird. Und hofft, dass er dann mit einem seiner Mandanten eine richtungsweisende Entscheidung erreichen kann. Natürlich mit einem freundlichen Lächeln.

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