Der Schäfer: Der Herr der letzten Herde

Albert Görsmeyer lässt 1000 Schafe zwischen Heerdt und Lörick grasen.

Düsseldorf. Albert Görsmeyer ist ein Phänomen. Er fährt nie in den Urlaub, hat nie frei und ist nie krank. Er arbeitet 365 Tage im Jahr an der frischen Luft. Entweder auf seinem Gut Grüters Aap in Knittkuhl oder auf der anderen Rheinseite. Der 39-Jährige ist Schäfer. Ein wirklicher Schäfer. Keiner, der plant, nach Australien auszuwandern und daheim schon mal fürs große Aussteigerdasein übt.

Görsmeyers Familie lebt schon in der dritten Generation vom Geschäft mit Fleisch und Wolle. Vor 17 Jahren hat Albert die Verantwortung übernommen. Er hat den Job von der Pike auf gelernt. "Ich habe als kleiner Junge meinen Vater bei der Arbeit begleitet."

Heinrich Görsmeyer hat seinem Sohn beigebracht, dass die Tiere für den Erhalt der schönen Rheinwiesen nicht etwa eine Belastung, sondern ein Segen sind. Die Schafe fressen die Wiese schön. Görsmeyer erklärt: "Das Gras wird gleichmäßig kurz gehalten und verwildert nicht. Es kann sich gut erneuern."

Ein Hund als Aufpasser existiert indes nicht mehr. Stattdessen weisen heutzutage Zäune den Tieren den Weg. "Wir hatten früher öfter mal verletzte oder auch tote Tiere", sagt Görsmeyer. Das traurige Ergebnis allzu unternehmenslustiger Hunde, deren Herrchen es nicht die Bohne interessierte, was ihr Tier so treibt. Den Satz "der wollte doch nur spielen" hat Görsmeyer viele Male gehört. Deswegen stellt er seit rund zwei Jahren mobile, mit Strom geladene Absperrungen auf. Seitdem gibt es mit der ungewollten Dezimierung der Herde keine Probleme mehr.

Für Görsmeyer, der in Knittkuhl eine zweite Schafsherde hat, sind die Rheinwiesen ein idealer Ort. "Wo sonst könnte ich meine Tiere halten? Ohne den Rhein gäb’ es die Wiesen garantiert nicht mehr. Die wären doch längst zugebaut."

Nur wenn der Frost kommt und bei extremem Hochwasser treibt Görsmeyer mit Unterstützung einiger Leute die Schafe nach Knittkuhl: über die Theodor-Heuss-Brücke und die Heinrich-Erhardt-Straße. In diesem Winter fiel die zweieinhalbstündige Tour durch die Stadt aber aus, es war warm genug, so dass die Tiere draußen bleiben konnten.

Görsmeyers Herde ist die einzige auf Düsseldorfer Stadtgebiet, früher waren es noch zwei bis drei mehr. Was einmal werden wird, wenn er nicht mehr kann, weiß niemand. Seine beiden kleinen Töchter können gut mit Tieren umgehen. Eine ideale Voraussetzung für eine zukünftige Schäferin. "Wenn sie mich fragen würden, würde ich ihnen abraten", sagt der Vater. "Es ist harte Arbeit für wenig Geld."

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