Der Luxus auf der Kö wird neu erfunden

Auf der Nobelmeile verteilen sich die Konsumverhältnisse neu: Top-Luxus residiert eher im Norden, im Süden wird’s konsumiger.

Düsseldorf. Die Kö ist ein Synonym für Luxus: Cartier, Louis Vuitton, Burberry, Prada, Armani — der Reigen an Edelmarken ließe sich verlängern. Fast endlos. Doch zurzeit erfindet sich der Boulevard neu.

Nicht mehr nur Luxus ist angesagt, sondern bundesweite Exklusivität — auch wenn damit nicht immer Edelmarken verbunden werden. Die Kö, so scheint es, feilt an einem neuen Profil.

Aktuelle Errungenschaft der Einzigartigkeit auf der Düsseldorfer Einkaufsmeile: Jafarov Unique Jewelry eröffnet in der Kesting Galerie neben Prada sein erstes deutsches Geschäft. Die tschechische Familie Javarova verkauft dort nach eigenen Angaben Unikat-Juwelen. Weitere Shops sind erst später in Moskau und Paris geplant.

Flagshipstores — Vorzeigeläden im Luxusmäntelchen mit Exklusivitätsanspruch — schießen an der Königsallee derzeit wie Pilze aus dem Boden. Aufregendstes Beispiel für Mode-Youngster: Das Kult-Label Abercrombie & Fitch wird Ende des Jahres einen etwa 1700 Quadratmeter großen Shop an der Königsallee 17 eröffnen — den ersten in Deutschland und den fünften in Europa.

Nach London, Paris, Kopenhagen und Mailand. Dort stehen Kunden teils Schlange, um in die Läden zu gelangen. Wohl weniger wegen Überfüllung, sondern als Ergebnis einer Marketing-Masche.

Derzeit wird die ehemalige Niederlassung der Hypo-Vereinsbank hinter einem Bauzaun kräftig umgebaut. Genau gegenüber jenes elitären Teils der Allee, auf dem absoluter Top-Luxus von Wempe bis Prada zu Hause ist.

Genau das ist für Andreas Siebert, Einzelhandelsexperte beim Immobiliendienstleister Jones LangLasalle, symptomatisch für die aktuelle Entwicklung der Kö: „Die positiven Attribute projizieren sich auf die neue Marken. Es geht hier nicht um den Anspruch auf Luxus. “

Shirts für beispielsweise 89 Euro seien der Beleg dafür, dass es nicht hochpreisig zugehe, sondern verbraucher- bzw. konsumorientiert. Aber für die Königsallee zähle, dass „jedes neue Brand wie Abercrombie erstmal eine Bereicherung ist“.

Es werde künftig eine noch ausgefeiltere Mischung sein zwischen extrem Teurem und dem Besonderen. Siebert: „Wenn nur Kunden kämen, die bei Gucci einkaufen, wäre die Kö nicht so belebt.“

Die Mischung macht’s also. „Die Zeiten, in denen man sich nur über Luxus, Preis, Qualität usw. differenzieren konnte, sind längst vorbei“, erklärt Victorinox-Geschäftsführer Patrick Hardy. „Im Premium-Luxus-Segment wollen die Konsumenten sich mit einer Marke identifizieren können, deren Werte sie voll unterstützen. Eine Marke verkauft sich über eine Markenwelt.“

Messerland nennen die Schweizer deshalb sprachlich geschärft ihren Online-Shop. Live gibt es das Schweizer Klingen-Erlebnis im Exklusiv-Geschäft an der Königsallee 88 seit Januar dieses Jahres. Auch Victorinox erobert den deutschen Markt von Düsseldorf aus — die Landeshauptstadt ist nach Genf und London der dritte Vorzeige-Standort in Europa überhaupt.

Warum gerade Düsseldorf? „Düsseldorf liegt sehr zentral in Nord-Europa und hat mit den vielen Messen somit zahlreiche internationale Besucher“, lautet nur ein Argument von Hardy.

Und die erste Adresse in der Landeshauptstadt sei der guten Bilanz der Einkaufsmeile geschuldet. „Hier gibt es eine hohe Frequenz, viele internationale Marken, eine gute Mischung aus Luxus und Produkten für eine breitere Käuferschicht. Die Kö ist noch immer eine der wichtigsten Einkaufsmeilen Europas.“

Auch die Düsseldorfer Geschäftsflächen- und Unternehmensvermittlung Comfort kommt zu der Einschätzung, dass sich die Kö durch den Branchenmix von anderen Nobelstraßen in Deutschland — und auch in Europa — abhebt.

Es gebe Luxusanbieter wie Hermes, Bulgari und Cartier, aber auch „Frequenzbringer“ wie H&M, Esprit und Benetton. Top-1a-Lage sei auf der Kö zwischen Blumen- und Bahnstraße.

Mit der Fertigstellung des Kö-Bogens an der nördlichen Spitze werde die Kö am südlichen Ende künftig wohl etwas „konsumigere Konzepte“ bekommen und „etwas an Anziehungskraft für Luxusmarken verlieren“.

Deshalb ist beispielsweise die Boutique Rech in das nördlich gelegene WZ-Center gezogen. „Auf dieser Höhe der Königsallee befinden sich meine Kundinnen“, meint Geschäftsführerin Natercia da Franca Kuppe. Im südlichen Bereich habe sie ihre Zielgruppe aufgrund von vielen konsumorientierten Marken nicht mehr so gut erreicht.

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